Sonntag, 27. September 2015

Noch mehr Wasser

Leider findet das GPS nicht hin. Die festere Dame an der Dorfstraße schüttelt den Kopf und deutet auf den Weg zurück. Wir fahren einen anderen holprigen Pfad weiter – über kantiges Kopfsteinpflaster, das willkürlich auf den Weg geworfen scheint, aber auf ungefähr gleichem Niveau. Muss viel Arbeit sein, Straßen so zu befestigen. Nach mehreren Kilometern erreichen wir eine Tankstelle (wovon kann die hier leben???). Nein, in die Richtung ist das nicht, wahrscheinlich im vorherigen größeren Ort im Kreisverkehr links – am besten dort fragen. 

Wir rumpeln zurück, ein Passant winkt ab, als nächster wird ein Radfahrer befragt. Dieser stellt sich als Schweizer heraus (ist wohl für eine der Sojaplantagen hier tätig) – und kann uns trotz erleichterter Verständigung nix genaues nicht sagen. Der Polizist daneben lässt sich beim SMS-en nicht stören. Wir folgen also den Tankwartangaben, biegen ein und halten. Schließlich kann man sein Brötchen nicht überall in Paraguay bei der Panaderia „Rosi“ kaufen. Außerdem erhalten wir von der fülligen Patronin das OK: wir sind am rechten Weg!

Nach weiteren 15 km Piste – das GPS informiert: „offroad“ - kommt tatsächlich eine Einfahrt in das Reservat. Unser Auto ist inzwischen in komplettstaubrot gehüllt, über uns finstere Wolken. Noch 15 Minuten, und wir sind in einem kleinen Paradies (mit Abstrichen).
Gemähtes Gras, schöne Häuser im Kolonialstil, herrliche Ruhe, sieht man vom heftigen Vogelgezwitscher ab. Die Moskitos und Stechfliegen verhalten sich ganz leise zur Mittagszeit.
Ein Uniformierter wird beim Mittagessen gestört, ist aber trotzdem sehr freundlich. Mit zufriedenen Nasenlöchern nimmt er die Autorisation - und zieht Sorgenfalten auf die Stirn. Camping?! Keine gute Idee bei der Wettervorhersage, gibt er zu verstehen. Wartet kurz!
Nach ein paar Minuten kommt er strahlend – Haus ist zwar keines frei (unter anderem agiert lautstark und lustik eine katholische Jugendgruppe) , aber das Zimmer eines abwesenden Kollegen können wir beziehen, viel besser als Camping in nächster Zeit. Gaby ist gar nicht leicht umzustimmen, aber wir breiten schließlich unsere Matten doch auf den dunkelroten Kachelboden aus. Kaum übersiedelt, bricht ein Regenguss los. 



Nachmittags streifen wir am weiträumigen Gelände herum, gehen zur Bucht des Stausees hinunter und wagen uns nach weiterem Regen in einer Zwischentrockenzeit weiter hinaus, erforschen die gepflegten Wege des Reservats und erreichen den vom Uniformierten beschriebenen Mini-Wasserfall. Hier also wäre der Campingplatz, eine große Wiese, eine gedeckte Sitzgelegenheit – und sonst nichts außer Gelsen – und Regen. Wirklich besser unter einem echten Dach....
Den Heimweg dürfen wir duschend verbringen, der Himmel hat wieder Wasserüberschuss.

Abends bringt unser Freund einheimischen Würstel (guter Geschmack) und gekochten Maniok (kartoffelähnlich, etwas süßer) und meint: „Ihr könnt nicht nach Hause fahren, ohne unseren Maniok gekostet zu haben!“ Auch sonst verständigen wir uns mit Händen und Füßen und meinen mäßigen Sprachkenntnissen gut genug, um zu verstehen, dass es hier zwar Pumas und Leoparden und Panther gibt, man diese aber eigentlich nie sieht. Am Handy zeigt er das blutige Foto eines Rehs, das sich gerade noch aus den Krallen einer Raubkatze retten konnte.

Die Nacht regnet es praktisch durch und heute gibt es nur einige Takte Trockenzeit, ansonsten alles zwischen Nieseln und Sturzbach. Da es ein passables Wlan gibt, nutze ich die Zeit, um den Blog zu aktualisieren. Ich sitze mit der langen Hose, Sweatshirt und Softshelljacke im großen Aufenthaltsraum und - friere. Gaby kapituliert am Nachmittag und funktioniert die Klimaanlage in unserem kahlen Zimmer zur Heizung um. Außer ein paar Vögeln zuzusehen und am Computer zu arbeiten, ist bis zur Abenddämmerung nichts zu tun. Dann noch ein paar Fotos, weil die Sonne mit einem Streifen Abendrot verschwindet und damit hoffentlich ankündigt, morgen ganztägig zu arbeiten...

Für uns steht morgen jedenfalls mal wieder eine längere Etappe am Plan: Wir wollen rund 420 km weit kommen und den schneeweißen Badestrand der Laguna Blanca kennenlernen, Sonne inbegriffen ... 

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