Freitag, 18. Dezember 2015

roter Fels und tiefe Schlucht – oder: Sturm & Wolken

Schnurgerade geht es bergwärts. Schließlich müssen wir wieder mal auf über 3500m. Bei 40km/h ist alles kein Problem, wollen wir aber rascher weiterkommen, heißt es: Klimaanlage abdrehen, Overdrive ausschalten und Heizung aufdrehen – damit der Motor nicht überhitzt. (Mit der Zeit lernt man die Tricks im Umgang it dem Schlafwagen...)

Es ist spätnachmittags, der Wind bläst heftig und über die Heizung sind wir gar nicht so traurig.

Noch vor der Passhöhe wird die Umgebung verdächtig rot, ein Pfeil im Nationalpark Los Cardones gibt es uns schriftlich: wir sind in „Los Colorados“! Diese schönen Formen und Farben voll zu genießen verhindert leider der Sturm, der sogar kleine Steinchen in Gesichtshöhe entgegenschleudert und unfreiwilliges Peeling ermöglicht. Je mehr sich die Sonne dem Horizont nähert, umso intensiver werden die Farben. Herrlich.


Trotzdem geht es weiter – im Sturm ungeschützt auf der Hochebene zu bleiben, erscheint uns keine sinnvolle Option zu sein. Von Osten steigen Wolken auf, drängen über den Andenkamm und lösen sich im Sturm auf. Besonders spektakulär wirkt dies im Teufelsschlund, direkt an der Passhöhe.

 
Die Schotterstraße stürzt nun einen Steilhang hinab – eine der kühnsten Straßenführungen, die wir schon gefahren sind. Außergewöhnlich auch die steilen, zerfurchten, aber samtig grünen Berghänge, die zwischen Wolken und Abendsonne leuchten. An einen Nächtigungsplatz ist hier nicht zu denken – mit dem Auto ein Biwak in der Steilwand zu errichten wäre ja eher schwierig... 


Von wegen früher Stopp: bis in die Dämmerung sind wir unterwegs, 1500 Höhenmeter runter, bis die Talsohle erreicht ist und wir mitten im trockenen Flussbett unser Schlafzimmer einrichten.



Aber irgendwie ärgert es, in Wolken und Dämmerung solch eine tolle Strecke passiert zu haben. Also geht es vor dem Frühstück wieder bergauf: 30 Minuten und 20km und 1300 Höhenmeter später erreichen wir das "Valle Encantado“, das verwunschene Tal. Wir können uns nicht entscheiden: lieblich oder schroff? Verwunschen oder verzaubernd? Jedenfalls haben wir hier die Kulisse für ein herzhaftes Frühstück und eine lohnende Wanderung... 

 
 

endlich auf der „Ruta 40“ ...

... denken wir uns, wobei wir die ersten 300 Kilometer schon heruntergespult haben. Schließlich sind wir bei Kilometer 4005, bei der Einmündung der Straße vom Paso San Francisco, in die berühmte Nationalstraße 40 nordwärts eingebogen.
Da der Ausgangspunkt im Süden liegt, ist diese längste Straße der Welt hier schon über 4000km alt. Und führt noch rund 700km bis zur bolivianischen Grenze.


Da unser heutiger Abschnitt bis Cafayate bestens asphaltiert ist, lassen wir dieses Stück nicht als das gelten, als das es heutzutage vermarktet wird: Abenteuer, Offroad, argentinisches Wildwest, Einsamkeit und tolle Landschaft. Nichts davon hat auf diese Strecke zugetroffen.



Aber jetzt!

Kein Asphalt mehr, es geht ein wenig in die Berge, alle schwärmen von dieser tollen Ruta 40 nach Cachi!


Um es kurz zu machen: Es gibt ein Geisterdorf, eine schöne Schlucht und einiges an Wellblech. Aber spektakulär ist was anderes... Dafür stauben uns die Miet-Golfs und Tourbusse ein.




Allerdings erinnern wir uns an den Tipp unseres Südamerika-Experten und Schiffs-Mitpassagiers Lothar, der uns die Laguna Brealito ans Herz gelegt hat. Etwa 20km westlich der „Vierziger“, über einen kurvenreichen, kaktusbestandenen Pass erreichbar, finden wir einen wunderbaren kleinen See mit einer verfallenen Estancia und viel Einsamkeit.


Ruhe und Einsamkeit - außer als Gaby gerade die Eierspeise von der Flamme nehmen will. Da steht ein Teenager mit Fahrrad da, grüßt und lächelt freundlich und bittet „im Namen des Patron“ um eine freiwillige Spende, falls wir auf dem Privatland übernachten möchten. Gerne geben wir einige Pesos – aber unser Auto und das Dinner sind einfach zu interessant, um dann gleich wieder zu fahren. Also Abendessen mit Publikum.  Der Bursch gibt uns noch den Hinweis auf alte Felsgravuren und schöne Schluchten in der Gegend.

So brechen wir morgens auf, um Schlucht und Ritzkunst zu finden. In der Schlucht entdecken wir einen kleinen aber feinen Canyon – in dem sogar ein Bach mit Fischen fließt. Kunstwerke entdecken wir zwar keine, sind aber mit unserer Halbtagstour rundum zufrieden.

Den Nachmittag verbringen wir in dem netten Bergdorf Cachi mit kolonialem Flair, über dem der 6300m hohe, schneebedeckte Nevado de Cachi eindrucksvoll wacht. Dieser Ort ist sicher das Highlight des Ruta-40-Abschnitts. Er liegt übrigens genau auf km 4499 der Ruta 40...

Eigentlich wollen wir dann ja schon bald ein Nachtquartier finden, langsam rollen wir nun auf der Provinzstraße 33 der Großstadt Salta entgegen. Und wissen nicht, was uns heute noch erwartet.

Dienstag, 8. Dezember 2015

Urlaubsland Argentinien

„Und was ist da drinnen?“ der junge Zöllner umschwänzelt unser Auto, erheitert sich an Jonglierbällen und gibt sich neugierig. Sein grau melierter Kollege nimmt meine Landkarte und beginnt zu erklären, wo in Argentinien es am schönsten ist... Der nimmt es locker, willkommen in Argentinien!
 

Die Landschaft passabwärts ist anders, etwas sanfter vielleicht, ein wenig „Mittelerde in Softversion“, finde ich. Na gut, der Incahuasi mit über 6500m gehört eher zu den Andenriesen...

Die Straße: perfekter Asphalt. Denk an die Bremsklötze, nutze die Motorbremse …! (Diese funktioniert entgegen aller meiner Bedenken beim Automatikgetreibe hervorragend!)

 
Im Tal angelangt, erwartet uns statt Urlaub ein Sandsturm. Aber das Schöne ist oft nicht gleich sichtbar... 



In einer kleinen Bergkette versteckt, im überraschend grünen Tal liegt unser Ziel. Ein herrlicher Stellplatz nur für uns,  weniger Wind und in den heißen Quellen von Fiambalá will Gaby ihre Kreuzbeschwerden los werden. Was bei unseren zwei Tagen Kurzurlaub auch fast gelingt.


 
Allerdings treten hier völlig neue Aspekte auf: Eine kurze Mail könnte unsere Reiseroute auf den Kopf stellen - statt viel Brasilien im Frühsommer doch bis Ecuador und weiter? Ein Freund nimmt im Februar für ein paar Monate einen Job südlich von Quito an – und freut sich auf unseren Besuch.


 

Wir wechseln wieder in den Abenteuer-Urlaubsmodus, queren einen 4000-er Pass und steuern, im Wettlauf mit der Abendsonne, auf wildem Wellblech das Campo de Piedra Pomez an. Eine Felsstadt aus weißem Tuff mit schwarzen Steineinschlüssen, geformt und geglättet von vielen tausend Jahren


 

Den Vormittag verbringen wir begeistert im Felslabyrinth. (Danke LOthar für diesen Tipp!) Dann wechseln wir von ganz alten Steinen alten Steinen: Nach der kleinen, aber fein angelegten Inka-Regionalmetropole Shincal, mit Mond- und Sonnentempel und einem hübschen Museum, besichtigen wir Quilmes, die größte archäologische Stätte des Landes. 
 

Die prä-kolumbische Quilmes-Kultur widersetzte sich mit einer imposanten Stadt- und Festungsanlage den Inkas und auch die Spanier hatten es nicht leicht. Die vielen Steinmauern, Basteien am Fels und Verbindungswege zeugen von der Wehrhaftigkeit der Indios. Schließlich behielten auch hier die Kolonisten die Oberhand und die Indios wurden nach Buenos Aires deportiert. Dort wird heute mit „dem Quilmes“ das bekannteste Bier Argentiniens gebraut.


Und jetzt gibt es schon wieder Urlaub! Im Winzerort Cafayate bleibt das Auto für zwei Tage unberührt. Wir fühlen uns im warmen Klima ganz wohl, mögen den Campingplatz (Gaby mag ganz besonders den struppigen Hund hier...), plaudern mit anderen Reisenden, grillen, entspannen – und ich aktualisiere den Blog. Fehlt nur mehr ein funktionierendes Internet zum Glück.


Wirklich?

Immerhin kann ich den Laptop von vier Viren befreien – und hoffe, dass er wieder zu alter Geschwindigkeit zurückfindet...

Und hier eines der Geheimnisse der argentinischen Landwirtschaft: 
Direktproduktion von Räucherkäse!
Gut, das sind keine Kühe in der rauchenden Weide - sondern drei Vicunas im Lavafeld. Aber das könnte ja auch heiß sein.