Jetzt erst recht! Aber bei diesen
Kosten? Nein, noch so eine Bootsmiete können wir uns leisten. Also
suchen wir für morgen Alternativen. Nach 20 Minuten Wanderung durch
Pantanalstaub kommen wir zum Campingplatz und sind froh, dass wir im
Hotelareal auf einem Stück Beton zwischen dem Rasen untergekommen
sind: Der Regenzeitschlamm hat sich auch hier in Trockenzeitstaub
verwandelt, obwohl der Stellplatz direkt am Flussufer ansonsten recht
nett wäre...
Andere allein reisende Touristen finden
wir leider auch hier nicht (zu unserer Verwunderung – es ist ja
beste Jaguar-Zeit hier!), also müssen wir ein Boot alleine
finanzieren.
Hier am Campingplatz werden wir fündig:
Ein kleineres Motorboot mit 25 PS, nach Verhandlung von Sonnenaufgang
bis Sonnenuntergang gebucht, um rund 200 Euro. Ein Viertel der P und
halber Preis – ein guter Deal? Egal, der Jaguar lockt und wir
schlagen ein.
Wieder ist die sternenklare Nacht (wie
in den Anden!) saukalt und die erste Stunde im Boot sitzen wir in der
Daunenjacke. Außer dem tollen Sonnenaufgang, Ufergebüsch,
schnelleren Motorbooten, ein paar Bäumen am Ufer und einigen Vögeln
gibt es nichts zu sehen...
Wir tuckern ziemlich entspannt aber mit
wachsamen Augen dahin, als unser Bootsführer einen Funkspruch
abfängt. Die 25 PS erwachen zu Leben und wir sausen los – Jaguar
gesichtet. Wieder sind schon einige Boote da. Abgesehen von der
Raubkatze, die diesmal wesentlich besser im Morgenlicht posiert,
können wir die Hackordnung der Boote beobachten. Die großen
silbernen Boote – sie gehören zu den sündteuren schwimmenden
Hotels – stehen ganz vorne. Die vielen Boote des teuren Pantanal
Norte Hotels stehen dahinter. Und wir und ein paar andere mit den
schwachen Motoren, wir sind die Letztgereihten... Ausnahme: wer ein
Tier entdeckt, der darf ganz vorne stehen!
Der Jaguar zeigt ein wenig von seiner
Geschmeidigkeit indem er mehrmals die Position ändert,
freundlicherweise kommt er sogar in die Sonne. Herunter zum Wasser
getraut er sich angesichts der Bootsmassen dann doch nicht... So
verschwindet er im Dickicht und auch die anderen Boote versuchen
anderswo ihr Glück. Wir haben es als einziger Ganztagsausflug gar
nicht eilig. Wir bleiben vor Anker (dieser ist übrigens eine alte
Kurbelwelle...), ich lege ein Nickerchen ein und wir hoffen, dass der
Jaguar sich nochmals zeigt. Leider Fehlanzeige...
Nach einer Stunde Warten starten wir
den stinkenden Außenborder - der Nachteil des Halbpreisdeals :-) -
wir passieren einen wenig schüchternen Iguna und es dauert nicht lange und Gaby hat ein Erfolgserlebnis: auf einem
sonnigen Ufergestrüpp hat es sich eine Anaconda gemütlich gemacht.
Unser Adlerauge hat die Schlange natürlich als Erste erspäht!
Die armdicke Riesenschlange misst
vielleicht drei Meter – ist also noch ein Jungtier. Es gibt sehr
seltene Begegnungen mit bis zu 10m langen Anacondas! Ein paar andere
Boote kommen heran, bleiben aber allesamt hinter uns. Die Schlange
scheint der Trubel überhaupt nicht zu stören. Schließlich wird es
der Riesenschlange wohl zu heiß, sie verabschiedet sich ins Wasser.
In einigen Nebenarmen des breiten
Flusslaufes haben sich wieder viele Kaimane in der warmen Sonne breit
gemacht, wir machen es uns auf einer Kaiman-freien Sandbank im
Schatten für eine kleine Mittagspause bequem – denn komfortabel
und schattig ist es auf dem Motorboot überhaupt nicht...
Sprit aus dem Reservetank müssen wir
extra zahlen, das war ausgemacht. Scheitern könnte es aber daran,
dass unser Kapitän keinen Trichter an Bord hat. Mit unserer
Plastikwasserflasche basteln wir Ersatz, die Weiterfahrt ist
gerettet!
Und das zahlt sich aus!
Wieder stehen schon ein paar Boote da,
zu sehen gibt es aber genau – nix. Abwarten und warmes Wasser
trinken. Es bewegt sich der Busch, oder doch etwas im Busch? Auf
einer Lichtung entdecke ich ein grasendes Wasserschwein und nehme es
ins Visier. In diesem Moment ein lauter Warnschrei und der
Riesennager springt mit einem gewaltigen Satz ins Wasser, gleich
daneben eine zweite Fontäne. Sekunden später bricht ein sichtlich
enttäuschter Jaguar aus dem Dickicht hervor, beschnüffelt die
Umgebung und trottet weiter. Eine Zeitlang lassen wir uns mit dem
Raubtier parallel treiben, es verschwindet im dichten Grün, taucht
auf, scheint jagen zu wollen, findet aber kein Opfer...
Und nach einigen Minuten ist das
Kätzchen endgültig aus dem Blickfeld verschwunden. Na, das war
schon recht interessant!
Und es ist erst mittlerer Nachmittag,
da kann ja noch einige passieren. Eine Gruppe Riesenottern kommt uns
in die Quere. Da ist immer etwas los – entweder sie jagen und
fressen oder sie scheinen sich gegenseitig zu ärgern, bei diesem
Zeitvertreib sind die gerade. Tauchen hier ab, klettern dort auf
einen Ast im Wasser, sprinten die Uferböschung hinauf, Kehrtwende,
Sprint ins Wasser, und so fort.
Gegen Abend entdecken wir noch das
Gegenteil eines mächtigen Räubers. Der sichtlich gezeichnete Jaguar
liegt erschöpft unter dem dichten Buschwerk. Das linke Ohr fehlt und
auf der Nase klafft eine offene, blutrote Wunde. Offenbar hat er auch
ein Auge verloren. War dies im Revierkampf oder hat er sich an einen
zu aufmerksamen Kaiman gewagt...?
Der Sonnenuntergang naht und vorbei an
ein paar Uferbäumen, die hunderten Kormoranen als Nachtplatz dienen,
geht es flußabwärts zum Camp. Ein ausgefüllter Tag liegt hinter
uns, und wir sind richtig erschöpft vom Suchen und Beobachten, vom
Motorlärm und dauernden Vibrationen sowie den Abgasen einer schlecht
eingestellten Maschine.
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