Gorée war tatsächlich den Besuch wert
und die ganze Sklavengeschichte führt schon zu Demut – wenn so
klar zu erkennen ist, wie Europa das Gesicht der Welt verändert
hat.
Interessant, dass für diverse
US-Präsidenten dieser Ort des ehemaligen Schreckens ein
Pflichtbesuch war, wie auch Papst Johannes Paul II. hierher gekommen
ist: Er entschuldigte sich bei Afrika für die Untaten, die auch im
Namen der Kirche vollbracht worden sind, waren doch viele Missionare
involviert.
Heute bemerkt man davon nichts mehr.
Geschäftiges Treiben, Kunsthandwerk und Souvenirs soweit das Auge
reicht, die Touristen werden es bezahlen...
(Ich erstehe ein Stück Kunst – aus
altem Besteck recycled, nach langem Handel um rund 7 Euro – Gaby
gefällt´s leider gar nicht)
Die Stimmung ist relaxed, es gibt keine
lästigen Händler und auch der eher aufdringlichen Marktfrauen wird
man Herr – wenn man will.
Überraschung auf der Festung: Die
Insel, die seit 1544 durch die Hände der Portugiesen, Spanier,
Holländer gegangen und schließlich in französischen Besitz gelangt
ist, trägt Geschütze aus dem 2. Weltkrieg, als man hier Angst vor
deutschen Kriegsschiffen gehabt hat.
Nachmittags füllt sich der Inselstrand
mit gutgelaunten Einheimischen, Kinder tummeln sich in Strandnähe,
die Halbwüchsigen produzieren sich am Anlegesteg, Familien unter dem
Sonnenschirm, Kleinkinder buddeln davor im Sand. In Jesolo geht’s
nicht anders zu. Gut, hier gibt es mehr Palmen.
Einige der zweigeschossigen, dunkelrot,
gelb oder Blau gestrichenen Ziegelhäuser fungieren als Bar,
Restaurant oder Café. Eine sanfte Brise macht die Luftfeuchtigkeit
erträglich, auch wenn die Sonne hinter den Wolken hervorkommt.
Als wir das Boot um vierzehn Uhr
Richtung Dakar nehmen, lassen wir ein beeindruckend interessantes und
malerisches Inselchen hinter uns.
Schade, dass Gaby wegen einer starken
Verkühlung an Bord bleiben musste.
Am Passierterminal steht nun eine lange
Menschenschlange, alle wollen der drückenden Hitze der Großstadt
entfliehen und raus nach Gorée. Verständlich.
Ich möchte noch rasch in die Stadt
schauen, eintauchen in Afrika quasi. Innerhalb von Sekunden habe ich
einen jungen Mann bei mir, der mir zwar einen auf Ebenholz getrimmten
Panther verkaufen möchte, aber ebenso bereitwillig zum Internet-Café
führt.
Was gar nicht so einfach ist – Afrika
eben. Die ersten haben keine Verbindung, im zweiten ist der Computer
Kaputt, das dritte hat geschlossen. Dann findet man eben ein viertes,
da geht alles! Es dauert und kostet Schweiß, aber irgendwann ist man
am Ziel - Afrika eben.
Nach dem Blog-Update bin ich
überrascht: mein Guide ist immer noch da, der Holzpanther natürlich
auch. Ich habe ihm schon zu verstehen gegeben, dass ich den wirklich
nicht will und wir haben ja vorher schon über Fussball und ähnliches
geplaudert.
Nun packt er die „Masche Nummer 2“
aus: Frau ist herzkrank, sein Baby daheim hungrig und ich so ein
netter Mensch. Er bleibt auch immer nett, freundlich und hilfsbereit
Er folgt mir über den Place de la
Independence, den wenig attraktiven Stadtkern und geleitet mich über
die ziemlich chaotisch genutzten Straßenzüge. Unterwegs gibt
freundliches Lächeln, Daumen hoch und nette Aufmerksamkeit, ganz
typisch Afrika – auch unter schlechten Lebensbedingungen sind
Lebensfreude und Offenheit zu spüren. Ich möcht ja fast das Auto
hier entladen und den Senegal und Umgebung entdecken.
En passant gibt es ein paar
Straßenfotos auf der Speicherkarte, mein Schritt beschleunigt sich.
Das Leibchen ist völlig durchschwitzt. Um vier soll ich zurück an
Bord sein, so gegen 18.00 möchte der Kapitän gerne auslaufen. Der
Bursche hat mich rund zwei Stunden durch die Straßen Dakars
begleitet, ich habe noch 500 CFA (knapp ein Euro) in der Tasche –
als ich ihm diese vor dem Hafeneingang in die Hand drücke, bedankt
er sich überschwänglich. Da spüre ich unsere unterschiedlichen
Lebenswege ganz deutlich.
Ohne Bürokratie, nur mit einem
freundlichen Blick auf meine Passkopie und das Begleitpapier von der
Grimaldi-Agentur geht es durch die Kontrolle, für die letzten 100
Meter durch Containerschluchten zur Schiffsrampe muss ich eine
Leuchtweste anziehen, den Helm trage ich lieber, anstatt ihn
aufzusetzen.
Kaum an Bord fallen paar Regentropfen.
Gutes Timing.
Die Sonne verschwindet nach 20 Uhr, wir
legen gerade ab. Kaum ein Licht erhellt die Großstadt, auch Gorée
liegt ziemlich im Dunkeln.
Vor uns die schwarze Nacht, die Himmel
deutet Regen an.
Gegen Mitternacht, bei meinem letzten
Deckbesuch für heute, bietet das gewaltige Wetterleuchten über der
Küste ein imposantes Schauspiel.
Die „Grande Brasile“ pflügt durch
die schwarze See, ein gleichmäßiges Klappern und Vibrieren an Bord
schläfert ein...