Mittwoch, 21. Oktober 2015

hoch hinaus und tief hinab

Man versucht sich in La Higuera in  revolutionärer Badehosen-Pose...
La Higuera liegt auf rund 2000m. Wenig später – wir haben uns nur einmal verfahren... - sind wir schon auf 2500m. Die Piste ist besser als befürchtet. Das ist aber auch gut s, denn ich habe an der Hinterachse unseres Schlafwagens etwas bemerkt: Die Halterung der Verbindung Achse – Chassis ist hinten gebrochen bzw. es fallen einfach Rostkrümel aus der Öffnung!
Immerhin hat Landcruiser-Frizz dieses Teil schon daheim an der anderen Seite verstärkt. Trotzdem: Vorsicht ist geboten und Schweißarbeiten stehen an. Rost - der Fluch des alten Fahrzeugs...


Eine Ziegenherde starrt uns von der Felskuppe herunter an – was wollen denn die da?



In der Ferne ist das sandige Flußbett sichtbar. Auf 800m, also tief unter uns, liegt der Lauf des Rio Grande. Unser Ziel liegt dann wieder auf rund 2100m. Eine fantastische Bergkulisse und eine fremdartige, karge Vegetation machen die Strecke voller Serpentinen, Hangrutschen und (Gott sei Dank) trockenen Furten zu einem Erlebnis.




Jenseits des Flusses wird die Vegetation ganz anders und als wir wieder die 2000m-Marke erklommen haben, befinden wir uns in der „Neuen Welt“ - „Nuevo Mundo“, so der Name des einsamen Dorfes in der nunmehr grünen Landschaft.


Es kommen uns nun sogar ein paar Busse und Motorräder entgegen, nach rund 100km Piste (Fahrzeit ca. 6 Stunden) gelangen wir nach Villa Serrano – Endpunkt der „Ruta del Che“ und Treffpunkt all derer, die wir schon in La Higuera getroffen haben. Wir sind wieder auf über 2000m Seehöhe.



Che Guevara – auch ein guter Roter?


Vallegrande. Von hier gingen die Fotos um die Welt. Der Guerillaführer ist erlegt. Im Spital wurde seine Leiche der Weltpresse vorgeführt. Dann wurde der Leichnam verscharrt. Nur keinen Märtyrer schaffen!
Das war im Oktober 1967. 30 Jahre später konnte der Leichnam des linken Idealisten gefunden werden, er liegt jetzt in einem Mausoleum auf Kuba. Die Gedenkstätte hinter den Baracken des Flughafens ist verschlossen.

Vor uns liegen rund 60km heftige Piste, man geht von 3 Stunden Fahrzeit aus. Das Tagesziel ist La Higuera, wo die Söldnertruppe Che Guevaras für den Umsturz in Bolivien trainiert hat.
Eine falsche Abzweigung – und 20 km weiter sehen wir die erste Person, die wir fragen können und den Irrtum aufklärt. Alles retour. Erst in der Finsternis kommen wir in dem winzigen Nest an, finden problemlos die alte Telegrafenstation – wo Franzosen eine gemütliche Unterkunft eingerichtet haben. Für uns gibt es einen schönen Stellplatz im Garten.

Eine Halbtageswanderung führt uns in die Schlucht hinab, in der der argentinische Revolutionär, der die Welt rot färben wollte, in den Hinterhalt der Armee geraten ist. Auf 2000m Seehöhe gelegen ist dies eine ideale Akklimatisationstour durch trockenes Buschland. Und als wir dann an dem Punkt standen, an dem (vielleicht) der Lauf der Geschichte verändert worden ist, sind wir schon berührt.

 
Für mich war „Che“ doch ein Idol der Jugend, ein unbeugsamer Idealist, der die Menschheit zu einem besseren Leben führen wollte.
Gaby stellt nicht unberechtigt die Frage, wie dieser Idealismus mit dem Töten von anderen Menschen vereinbar ist.

Zurück im Camp ist es vorbei mit der Einsamkeit: eine lautstarke Bikergruppe hat sich eingefunden (die stellen sich im laufe der nächsten Tage aber als recht nett heraus) – und ein schweizer Paar, das für 3 Jahre Sozialarbeit nach Bolivien gekommen ist. Auch sie bleiben für Tage unsere Begleiter und wir erfahren nach einem wunderbaren Dinner im Innenhof beim abendlichen Gespräch einiges über die soziale Situation des Landes...


Der Besuch des Che-Museums in La Higuera ist durchaus berührend. Neben Fotos und Fakten finden wir eine Sammlung von Devotionalien an den großen Linken, dessen Bildnis zu den stärksten Fotos der Geschichte zählt – und offenbar nach wie vor bei vielen Menschen Emotionen hervorruft.




El Fuerte

Beim Verfassen des Reiseblogs an unserem schönen Stellplatz am Weg zu "El Fuerte"
Wir sind auf 1200m Höhe angelangt. Nahe dem (für uns) wenig attraktiven Bergerholungsort Samaipata besuchen wir eine der östlichsten Außenstellen des Inkareichs: El Fuerte de Samaiparta.
Viele, viele Figuren und Formen und Linien sind in einen riesigen Felsen auf einem Berggipfel gehauen. Die Erklärung, es handle sich um den Landeplatz Außerirdischer scheint nachvollziehbar. Der Blick über die Andenwelt macht Lust auf mehr Gebirge.

Faktum ist, dass hier bereits im 1. Jt. v. Chr. eine hochstehende Agrarkultur existiert hat, die Inka dann dieses Gebiet weiter um- und ausgebaut haben.
Da wir uns vom Altiplano südwärts wenden wollen, wird dies fürs Erste unser einziger Inkakontakt bleiben.

durch die Wüste

Wir stocken pneumäßig auf - statt des kaputten "neuen" Reifens kaufe ich um rund 50 Euro einen beinahe totgefahrenen - aber guten Reifen. (ein enuer Bridgestone 265-er hätte schlanke 250 US-$ gekostet).
Wir schlendern durch die überschaubare, ganz nette Altstadt - aber zu sehen gibt es nicht viel hier.


Auf Fahrwerkssuche haben wir ganz Santa Cruz schon durchkämmt – nur den Süden nicht. Wir fahren nun durch staubige, schmutzige Vororte und suchen ein Naturschutzgebiet.
Gaby blickt mich seeehr skeptisch an, aber ich möchte in die Wüste im Dschungel.
Ein Schlagbaum, ein Eintrag ins Buch, 20 Bolivianos (ca. 3 Euro) Eintritt wechseln die Besitzer und wir sind in einer anderen Welt. Nach rund 10km Sandpiste öffnet sich der Wald und vor uns türmen sich Sanddünen. Gaby bleibt der Mund offen. Ich bin erleichtert. Lomas de Arena ist erreicht.
Leider legt der Wind zu und die Dünenwanderung wird zum Kurzausflug. Zwischen den Sicheldünen gibt es Lagunen und tiefgrüne Grasflecken und ein paar Bäume. Und schöne Dünen bis zum Horizont, teilweise den Wald fressend. Ein herrliches Wandergebiet!


Wir finden ein recht ruhiges Plätzchen für die Nacht und wir genießen den herrlichen Nachthimmel. Gleichzeitig bin ich ein wenig unrund, weil ich schwanke, ob ich die Federn gegen die stärkeren auswechseln lassen soll. Weil mir das Fahrverhalten aber viel besser scheint, belassen wir es.

In der Früh bläst es mit Sturmstärke, die Sandkörner sind wie Nadelstiche. Hier wird demonstriert, weshalb das „Wanderdüne“ genannt wird. Daher lassen eine längere Wanderung durch die Wüste aus und bewegen uns nun Richtung Anden. Das Abenteuer kann beginnen!