Ich seh´lefanten, Seeelefanten! Wart
mal. Das sind ja mindestens 60 davon! Und weit und breit niemand
sonst an diesem weiten Strand. Wenig Action. Die liegen alle fad am
Schotter herum in der Nachmittagssonne.
„Bleiben wir trotzdem hier?“ Weit
und breit keine Menschenseele hier in der weiten Bucht der
patagonischen Atlantikküste. „Klar, schau, da drüben fangen grad
zwei an zu kämpfen!“
Und das war der Beginn eines
beeindruckenden Nachmittags. Anders als auf Valdes – im
Nationalpark ist halt alles reglementiert – spazieren wir zwischen
den Tieren umher und es gibt auch Interaktionen. Von neugierigen
Beäugen bis zum trötenden „Schleicht´s euch!“ reicht die
Palette. Immer wieder kommt es zu Zweikämpfen – zwischen den
teilweise beeindruckend großen Bullen, wir halten uns da eher raus.
Sie stellen sich auf, gröhlen wie
betrunkene Teenager, prallen mit der vollen Wucht ihrer schweren
Körper frontal gegeneinander, beißen sich im Fell des Gegners fest
– und fallen nach Minuten der Anstrengung wieder in die
bewegungslose Ruhephase. Dann geht’s von vorne los. Vielleicht mit
einem neuen Gegner. Nicht selten geht das Ganze blutig ab, wenn sich
einer in das Halsfett des Opponenten verbeißt.
Ein sensationeller Tag, wir bleiben
gleich noch den nächsten Vormittag fasziniert vor Ort. Es hat schon
Vorteile, wenn man nicht am Asphalt der „Ruta 3“ dahinrollt,
sondern die einsame, streckenweise rumpelige Küstenpiste RP 1 nimmt
(benannt übrigens nach Juan Peron, dem legendären Präsidenten..).
Ein Pflichtbesuch ist Punta Tombo, hier
befindet sich die größte Pinguinkolonie Südamerikas. Und die
größte Touristenansammlung der Gegend. Erfreulicherweise werden die
betagten Kreuzfahrer aber zu Hunderten gerade wieder in die Busse
zurück zum Schiff verfrachtet, sodass wir die putzigen
Magellan-Pinguine fast für uns und jedenfalls aus nächster Nähe
haben. In ihren Bruthöhlen piepst es unüberhörbar: der flaumige,
etwa 10 cm große Nachwuchs möchte endlich etwas von der Welt sehen
– was des Vaters geschickter Flügelstummel aber zu verhindern
weiß. Noch.
Über der Pinguinkolonie kreist der
Feind: Sturmvögel, Seevögel mit mehr als 2m Flügelspannweite
patroullieren, um die ersten mutigen Jungvögel zu entdecken – die
wohl ein wunderbares Mahl abgeben...
Eine Ausweiche. Da hier sowieso niemand
fährt, bleiben wir am Straßenrand mit Blick auf die Weite des
Ozeans... Damit unser Schlafwagen gerade steht, drehe ich ihn um. Und
als ich aussteige, höre ich es schon: Luft pfeift aus dem Reifen.
Großes Loch, mitten in der Lauffläche. Offenbar seit 10 Sekunden.
Schnell den Wagenheber raus, dann muss ich wenigstens nicht so hoch
kurbeln. (Gut, dass ich in Santa Cruz den alten Ersatz-Reservereifen
gekauft habe...) Unglaublich: schon der dritte Reifenschaden, zum
dritten Mal links hinten.
Der nächste Ort ist nur 10km entfernt,
aber der Mechaniker weißt nichts von seinem Glück: er könnte bei
uns zwei Reifen flicken – aber er lässt sich nicht blicken.
Also holpern wir weiter südwärts und
wollen nochmals am Meer übernachten: in der Bahia Bustamente gibt es
nette Hütten und viel zu sehen, weiß der Reiseführer. Nach 100km
Staubstraße sind wir dort und ernüchtert: eine kleine, nette
Strandhütte wäre uns vorgeschwebt, so ein wenig Abwechslung vom
im-Auto-schlafen. Eine Häuschen mit Vollpension und allerlei
Aktivitäten inklusive um dezente 310 US-Dollar pro Person wurde
offeriert.
Andererseits: Am Strand durften wir
gratis campieren und zu einer Dusche wurden wir auch eingeladen.
Herrlich: ein windstiller Tag – und ein windstiller Abend. Ich
springe noch schnell in den mäßig warmen Ozean, ein paar Nandus
schauen am Strand vorbei und eine schön gezeichnete Möwe verzehrt
gerade einen großen orangefarbenen Krebs, noch lebendig. Widerstand
vergebens.
Wir trinken Rotwein und freuen uns über
diesen milden Abschied vom Atlantik.