Im Laderaum hat einer gelauert. In
weiße Tücher gehüllt, in einem eigenen Abteil untergebracht, das
Schmuckstück der Schiffsladung bei der Überfahrt nach Südamerika:
ein Jaguar XF. Für einen brasilianischen Kunden. Schön hat der
ausgesehen...
Wir sitzen nun in einem Alu-Boot mit
100PS Außenborder und suchen hier einen Jaguar, kein blechernes
Importstück, sondern das lebendige, getüpfelte und bestens getarnte
Raubtier. Ach, wie toll muss so ein geschmeidger, kräftiger Körper aussehen... Nach dem Tiger die
größte Katze auf dem Planeten und die mit dem stärksten Gebiss,
die als einzige mittels Biss durch die Schädeldecke töten kann.
Jetzt, im Juli, ist die beste Zeit, um
sein Glück zu versuchen. Das Sumpfgebiet des Pantanal trocknet
langsam auf, die Wasserstellen werden weniger, immer mehr Tiere
drängen sich an den Ufern der größeren Flüsse. Ein kulinarisches
Paradies für Jaguare!
Dichter Nebel liegt über dem Fluss,
als wir im Morgengrauen starten. Wir sind in unsere Daunenjacken
gehüllt und der eisige Fahrtwind treibt uns Tränen in die Augen.
Der tiefrote Sonnenaufgang macht es zunächst mal psychologisch
wärmer...
Die Nebelfetzen verschwinden von der
Wasseroberfläche, die Sonne setzt sich durch und wir haben unseren
ersten Tageshöhepunkt: Eine Gruppe von Riesenottern planscht um
einem ins Wasser gestürzten Baum beim Fischfrühstück: jeder hält
einen ziemlich großen Wels in den Vorderpfoten und genießt die
Mahlzeit ebenso wie die Morgensonne...
Eine ganze Menge Vögel sitzen auf
Ästen, fliegen umher und stelzen durch das flache Wasser. Von den
zierlichen, flinken Amazonas-Eisvögeln bis zu den großen, weißen
Jabirus mit roter Halskrause gibt es wohl jede Größe hier … Manch
einer geht mit langer Telelinse tagelang auf Vogelsafari – wir aber
suchen den Jaguar...
Gemächlich tuckern wir durch
Seitenarme: Kaimane, kleine Teiche: mehr Kaimane, dann fahren wir
wieder auf einem breiten Fluss dahin.
Die Augen ziemlich starr aufs
Gebüsch gerichtet, wir hoffen, eine Katze zu entdecken. Nichts,
keine besonderen Vorkommnisse, schade... Ein Funkspruch reißt uns
aus der Ruhe!
Mehrere Boote stehen schon da als wir
heransausen. Zu sehen gibt es – nichts. Da irgendwo soll ein Jaguar
sein...
Nach einigem Warten rührt sich etwas im Gebüsch.
Fehlanzeige. Dann Bewegung im Uferbewuchs. Ein großer Platsch, Wasser
spritzt auf, Ruhe. Schließlich kommt ein Jaguarkopf im hohen Gras
zum Vorschein. Sogar die brasilianischen Touristen verstummen (kurz).
Ziemlich gegen die Sonne, der Körper von Grünzeug halb verdeckt. Er schüttelt sich, eine Wasserfontäne leuchtet kurz auf.
Dann macht er kehrt und legt sich an den Rand des Uferbewuchses. Ende
der Action. Da hilft auch längeres Warten nicht...
Auch wir verschwinden, denn der
gebuchte Halbtag ist bald vorüber. Tja, den „Pflichtjaguar“
haben wir gesehen. Aber von einem „Jaguar-XL“ sind wir weit
entfernt, daher möchten wir gerne nochmals durch die Wasserwege
streifen...
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