Endlich werden unsere neuen Reifen mehr
gefordert. Nach dem Abschied von unseren Reisefreunden Uwe und Silke – die zum gleichen Ziel Pantanal in Brasilien eine andere Route, nämlich direkt von
Peru über Puerto Maldonado nach Brasilien wählen – nehmen wir recht flott die
gute Asphaltstraße zum Titicacasee unter die Pneus. Und der erste
Geschwindigkeitstest mit den recht harten Offroad-Reifen verläuft erfolgreich:
Sie sind nicht besonders laut, gehorchen bei Lenkmanövern brav und der
Spritverbrauch steigt nicht signifikant. Jetzt müssen sie nur noch plattfußfrei
durch ihr Leben laufen...
Die Idee, die nach Fotos wunderbar schönen
„Rainbow Mountains“ - einen Bergrücken in bunten Farben von grün über ocker zu
gelb – in weit über 5000m Höhe zu erklimmen wird von zwei Faktoren verhindert: wir
sind beide der dünnen Luft und der nächtlichen Kälte überdrüssig. Letztendlich
ausschlaggebend ist aber ein Schlechtwettereinbruch, der in dieser Höhe Schnee
und Sturm bedeutet.
So geht es auf direktem Weg nach Puno.
Diese gesichtslose Stadt am Westufer des Titicacasees hat einen schlechten Ruf
zu verteidigen, was die Sicherheit betrifft, wir haben aber auch hier keine
Probleme. Der Hauptplatz ist aufgeräumt und wird von vielen "Hutfrauen" frequentiert. Insgesamt sehen wir hier, ganz im Süden des Landes, die meisten Frauen in Tracht - Männer sind schon alle in westlicher Kleidung unterwegs.
Unser Schlafwagen findet Platz im gefliesten Flur unserer Unterkunft und wir machen uns auf zur großen „Sehenswürdigkeit“ der Region: die von Indigenen bewohnten „schwimmenden Inseln“ am Titicacasee. Es ist der 28. Juni und mit einer kleinen Prozession übt man sich bereits für die größeren Festivitäten zu Peter & Paul. Da Petrus ja der Schutzpatron der Fischer und Schiffer ist, ziehen wir parallel mit den Gläubigen und der Heiligenstatue zum kleinen Hafen. Und hier wird der Unterschied deutlich: Die Heiligenfigur wird sofort und gratis auf einem geschmückten Schiffchen über den See befördert. Wir zahlen 20 Soles und warten auf einem Seelenverkäufer eine halbe Stunde, bis wir durch die Schilfkanäle zu den am See verankerten Behausungen gebracht werden.
Trotz der Warnungen anderer Reisender –
Ernüchterung! Wir befinden uns in der schwimmenden Geldmaschine der Uros - so
der Name dieses traditionsreichen Volkes - und die Ursprünglichkeit ist etwa so
groß wie bei Tiroler Schuhplattlervorführungen.
Nach einem durchaus netten Empfang von
einem „Inselchef“, der sogar in Englisch über die Lebensumstände in diesem für
uns reichlich ungewohnten Umfeld berichtet.Die Inseln sind in bis zu acht Meter Tiefe verankert und müssen permant mit neuen Schilfschichten belegt werden - denn die Unterseite verrottet rasch. Ungewohnt ist der elastische Untergrund beim Gehen zur Besichtigung des
Lebensraumes seines Clans.
Nach der streng vorgegebenen Zeitspanne von 30 Minuten schippern wir zu einer Bar-Restaurant-Insel. Da wir
aber weder Fisch noch Cola wollen, beschränkt sich unsere Aktivität hier auf
die Beobachtung des Unwetters, das über uns herzieht. Schneeregen und ein
kurzer Sturm machen die Existenz in diesem exponierten Lebensraum sicher nicht
einfacher. Immerhin wurden die Uros auf ihren Inseln nie von den Inka erobert...
Unser Herz konnte Puno auch nicht erobern, bei kalter Witterung ziehen wir südwärts, besuchen zum Peru-Ausklang noch ein paar Inkaruinen und uralte Chullpas –
Grabtürme - , die wesentlich älter als die Inkastätten sind. Ein letztes Mal
geraten wir bei dieser steilen Bergwanderung auf über 4000m außer Atem.
Jetzt fahren wir entlang des wenig
aufregenden Seeufers und lassen die Wochen in Peru Revue passieren. Die
vielfältigen Landschaften, die spannenden Straßen, das freundliche Wesen der
Menschen, die vielen historischen Highlights... kurzum, wir haben Land und
Leute genossen und sind traurig, dieses Kapitel abzuschließen. Andererseits hat
uns die erste Begegnung mit Bolivien vor ein paar Monaten ja sehr gefallen und
wir sind schon neugierig, was es nun hier zu entdecken gibt...
Irgendwie habe ich ein ungutes Gefühl im
Bauch als wir uns der Grenze zu Bolivien nähern. Zu viel haben wir von
Problemen bei Grenzübertritten gehört und gelesen. Die Ausreise aus Peru wird
ebenso rasch wie professionell erledigt, in Bolivien wird es spannend. Den
Stempel im Reisepass haben wir rasch, aber der dick bebrillte ältere Zöllner
hinter seinem antiken Schreibtisch runzelt die Stirn. „Das ist euer Auto?“ „Ja!“
„Dann haben wir ein Problem!“ „Warum?“ „Weil das Arbeit für mich bedeutet!“ - Das
Herz rutscht in die Hose, als die Stockzähne des Zöllners beim dicken Grinser
zum Vorschein kommen, sind wir rasch beruhigt.
Eigentlich müssten wir die Zolldokumente
selbst im Internet ausfüllen – freundlicherweise findet der nun arbeitssame
Herr aber unsere Angaben tief im bolivianischen Datendschungel. Zu seiner eigenen
Überraschung hat der Zöllner vor ein paar Monaten offenbar alles richtig
gemacht...
Rechtzeitig für einen sehenswerten Sonnenuntergang
über dem Titicacasee sind wir unterwegs nach Copacabana, einem gemütlichen
Touristenort am Südufer des Sees.
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