Pyramiden? Kennt man, trotzdem bleibt der Mund offen, wenn man vor der Cheops steht...
Ayers Rock? Tausend mal am Foto
gesehen, doch dieser Fels im Abendlicht kann nur vor Ort wirklich
genossen werden!
Machu Picchu? Legenden, Abzocke und
Massen von Touristen – aber wir wollen dieses Bauwerk in
einzigartiger Umgebung trotzdem in natura auf uns wirken lassen.
Nach der Wiederentdeckung 1911 war es
wohl eine Fundgrube für Archäologen – heutzutage ist die von
Reisenden gestürmte Inkafestung eher was für Ethnologen: Besucher
von den Philippinen, aus den Emiraten, aus aller Herren Länder
zwischen Kanada und Südafrika mischen sich zwischen die
US-amerikanischen Horden. Unsere französischen Reisefreunde, ein
Österreicher sowie eine zugelaufene Schweizerin ergänzen heute die
Vielfalt.
In der kalten morgendlichen Finsternis,
so gegen fünf Uhr steht schon eine Schlange, die auf den Bus hinauf
wartet. 12 Dollar oder, welch Alternative, die 700 Höhenmeter gratis zu Fuß
erklimmen. Sich die Ruinen erst zu verdienen, einen Mini-Inkatrail
bewältigen, sozusagen. Wir sind bequem und löhnen die Dollares. Bei
120 Soles Eintritt (etwa 40€) für das britische (?) Konsortium,
das alle Rechte auf das peruanische „Nationalheiligtum“ geleast
hat, sind die Buseinnahmen wohl ein gutes Nebeneinkommen. In 20
Bussen zu 32 Sitzen werden die Leute rauf gekarrt. Wir schaffen
Nummer 4, was aber egal ist, weil vor dem Eingang staut es sich
wieder.
Mit den Ersten stürmen wir im ersten
Tageslicht den weitläufigen Ruinenkomplex. Und tatsächlich: Die
Lage in der schroffen grünen Landschaft, die Ausmaße der Anlage,
die Ausblicke – alles oft gesehen, aber nie beobachtet. Die Anlage
füllt sich während langsam die Sonne über den Bergkamm klettert.
Theoretisch sind pro Tag 2400 Tickets
verfügbar. So lautet die Vorgabe für das UNESCO-Weltkulturerbe.
Einer der strengen Aufpasser meint mit weit ausholender Armbewegung
„heute sind etwa doppelt so viele wie zugelassen da!“ Das
reicht, um an jedem Fleck eine Touristengruppe in der Morgensonne
aufleuchten zu lassen. „In der Hauptsaison treiben sich aber bis zu
6000 Menschen zwischen den Steinen herum“, ergänzt der
Uniformierte. „Da wird niemand weggeschickt, der ein Ticket will –
allerdings werden dann nur mehr die teureren mit der Besteigung des
Machu Picchu inklusive verkauft...“
Der Gipfel liegt hoch über den Ruinen,
der Aufstieg wäre schweißtreibend und die Ruinen weit weg. Für den
leichteren, spektakuläreren Wayna Picchu - hoch oben mit einer
Verteidigungsanlage garniert – gibt es auf Monate hinaus keine
Tickets...
Den Vormittag vertreiben wir uns mit
dem Besuch bei der Puerta del Sol – dort hat man, von der anderen
Seite kommend, nach der Bewältigung des „Inka-Trails“ den ersten
Blick auf die Anlage. Ein Spaziergang führt zu einer Inkabrücke,
der Weiterführung des Pfades. Der Weg führt an einem kleinen
Vorsprung des senkrechten Felsens entlang, Touristen dürfen da nur
ein paar hundert Meter weit gehen... Und es verirren sich nicht zu
viele hierher.
Bei genauer Betrachtung ist Machu
Picchu nicht mit der Qualität der Steinmetzarbeit in anderen
Inkastätten wie etwa Saqsayhuaman vergleichbar. Dafür ist der
Optimismus und die Kühnheit, eine Stadt hier mitten im Gebirge zu
errichten umso bewundernswerter. Und das macht wohl den Reiz von
Machu Picchu aus: Wenn man von ein paar Strommasten, den
Eisenbahnschienen und den vielen Leuten absieht – es gibt kein
Zeichen der Zivilisation rundherum...
Am Mittag lichtet sich die Lage, die
Tourgruppen verschwinden, um den sündteuren Zug retour nach Cusco zu
erwischen. Gaby und die beiden Franzosen treten gegen 3 Uhr den
Fußweg hinunter an, ich bleibe bis zur letzten Minute in den fast
menschenleeren Ruinen. Weil gerade der kürzeste Tag des Jahres ist,
gibt es beinahe einen Sonnenuntergang zwischen den alten Steinen. Da
ist allerdings der strenge Wärter dagegen, auch ich werde
rausgescheucht, um Punkt fünf haben alle draußen zu sein. Damit die
Steine genügend Zeit zur Erholung für die nächsten paar Tausend
haben...
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