Runter wollen wir, rein in den Kessel von La Paz!
Aber zuerst müssen wir usn durch die höchstgelegene Großstadt der Welt quälen – durch El Alto. Es ist Samstag Mittag und die Straßen sind relativ autofrei. Dafür findet auf der Haupteinfallstraße ein bunter Umzug statt (wegen der vielen Ratschen in LKW-Form schließen wir auf die Lkw-Fahrer-Gewerkschaft/Vereinigung) und wer da nicht dabei ist, befindet sich wohl in den Straßen der Stadt – diese sind ein endlos großer, für uns Außenstehende undurchblickbar chaotischer Markt, der mit seinen Fangarmen selbst vor den Schnellstraßenbrücken nicht halt macht.
Dafür kann ich auf einem der „Flyover“
unser Auto einfach mitten auf der Straße abstellen, ein paar Photos schießen
(etwa von der Büste Che Guevaras (endlich wieder!) aus alten Motorteilen und
Zahnrädern) und ohne Huperei bewegt sich der Verkehr rings um mich langsam
weiter...
Gute zwei Stunden brauchen wir mit den
obligaten Verfahrern und Einfahrern (hoppla, verkehrte Einbahn...) um nach La
Paz selbst runterzukommen. Die Abfahrt in den Talkessel mit Häusern bis in die
steilsten Hänge finden wir äußerst beeindruckend, das Stadtbild und die
Architektur selbst aber weniger.
Auf 3300m stellen wir das Auto ab, wir sind
im legendären Hotel Oberland am Stadtrand angekommen. Für Südamerikareisende
ist dieser Platz seit Jahrzehnten zentrale Anlaufstelle und Treffpunkt in
Südamerika. Gleiches gilt für die Werkstatt von Ernesto Hug, die liegt aber
mitten in La Paz. Da Wochenende ist, nehmen wir es gemütlich, nur ein Ausflug
ins bizarre Valle de la Luna (das dritte auf unserer Reise) lockt uns von der
Schweizer Gemütlichkeit weg.
Wir spielen Roulette – und gewinnen:
Ernesto (Besitzer der weithin berühmten VW und Landcruiser Werkstatt) mag es nicht, wenn man ohne Vorankündigung vor dem Werkstatttor steht
(unsere SMS ging ans Festnetz, blieb daher ungelesen...). Aber als er am Montag
um acht aufsperrt, stehen wir schon da und er ist offenbar gut gelaunt, er kümmert sich gleich um uns. „Die
Bremsflüssigkeit ist in kurzer Zeit stark abgesunken, ich finde aber keine
lecke Stelle im System!“ - „Na, das
sieht nach rasch abgenutzten Bremsklötzen aus!“
„Gott sei Dank, kein Defekt...“ Wir dürfen sofort rein in die
blitzsaubere Werkstatt und ein Mechaniker ist auch schon auf uns angesetzt. Zu
Mittag sind wir „erledigt“ und wir starten eine Stadtrundfahrt.
Eigentlich fühlen wir uns beinahe wie im
Skiurlaub: mit einer ganz neuen Gondelumlaufbahn geht es rauf nach El Alto.
Statt beschneite Bäume sind halt jede Menge unverputzter Häuser unter uns...
Über den Hexenmarkt geht es von der gelben
zur roten Linie und schon fahren wir um umgerechnet 50 Eurocent wieder
talwärts.
Wir suchen vergeblich einen wunderschönen
kolonialen Kern. Den Reiz der Stadt ergibt wohl die Mischung aus Morbidität,
hektischem Treiben und den vielen Farben... Immerhin kommen wir gerade richtig
zum Wachwechsel vor dem Präsidentenpalast. Der Platz hier ist übrigens der einzige
Ort in Bolivien, wo wir eine konzentrierte Polizistenmenge feststellen
(ansonsten sehen wir kaum Uniformierte auf der Straße - kein Vergleich zu Peru
oder Ecuador).
Der Versuch, zur Blauen Stunde den
Überblick in El Alto zu bekommen, scheitert an der rush hour: Eine lange, lange
Menschenreihe steht an der Talstation diszipliniert an, nicht zu vergleichen
mit dem schier unkontrollierten Autoverkehr, der durch die Stadt flutet. So
geht es per Taxi zurück zur Werkstatt, wo wir auch gleich campieren und die Gesellschaft
von ein paar anderen Reisenden genießen, die mit ihren Fahrzeugproblemen etwas
länger festgehalten sind.
Am nächsten Tag sind wir nach knapp zwei
Stunden Stadtverkehr gegen Mittag aus dem Moloch draußen, die Fahrt über die
„Death Road“ wird da vergleichsweise wohl eher entspannend...
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