Freitag, 11. März 2016

Weintrauben und Menschenmassen, Annäherung an eine Millionenstadt - Mendoza

Aus der Einsamkeit der Vulkanwelt kommend, möchten wir zunächst noch einmal in den Anden bei angenehmen Temperaturen - so in rund 2000m Seehöhe – übernachten, bevor wir uns ins Gewühl Mendozas stürzen. 


Weshalb fahren hier so viele Autos? Reiter kommen uns entgegen! Gibt es ein Fest in einem Bergdorf? Schließlich ist ja Sonntagnachmittag.
Wir gondeln gut gelaunt an Weinbergen vorbei, immer leicht bergauf, es wird langsam kühler. Eigentlich fahren wir durch eine Halbwüste, aber das Wasser aus den Anden ermöglicht die künstliche Bewässerung hier im Valle de Uco.
Was ist das? Rundherum chaotisch parkende Fahrzeuge jeden Alters, oha, ein Handarbeitsmarkt, Eisstandln. Links eine riesige Skulptur, Hunde frei (größer) oder an der Leine (Pudel oder weniger) sind in alle Richtungen unterwegs. Asadoduft legt in der Luft. Der Campingplatz dürfte gerade Austragungsstätte der Grill-WM sein. 


Auf einer Freiluftbühne ein Komiker, alle lachen, wir nicht. Soviel Spanisch verstehen wir nicht und dort steht leider kein Pantomime... Die ersten verlassen die Stätte des Massensonntagspicknicks, daher kann ich den Landcruiser unter einem riesigen Kreuz fallen lassen.


Eine große Plakette am Fuße des kolossalen Denkmals klärt auf: Wir sind an der Ruta Sanmartinianas, die riesige Statue wurde zu Ehren des argentinischen Generals und Befreiers von Chile und Peru (in den 1820-er Jahren) errichtet. Hier und an anderen Andenpässen hat er durch Gewaltleistungen mit einer Freiwilligenarmee das Hochgebirge überquert. Im Übrigen hat er so nebenbei als erster das Gebiet um den Aconcagua näher erforscht.

Mehr über diesen südamerikanischen „Kontinentalhelden“: de.wikipedia.org/wiki/Jos%C3%A9_de_San_Mart%C3%ADn

Wir streifen durch das bunte Menschengewirr, man prostet uns zu; Gitarre, vielstimmig begleitet, Assado. Nett, aber sicher nicht der Platz zum übernachten.



Wir wagen uns weiter vor ins enger werdene Hochtal, ein paar Geländefahrzeuge kommen uns entgegen. Ein Blick auf die Landkarte zeigt: Auf den Spuren San Martins könnten wir auf rund 4300m nach Chile rüberrutschen... Wolken verschleiern die Fünftausender. Die Piste wird interessanter, der Verkehr tendiert gegen null. Auf 2600m, an einem rauschenden Bergbach wollen wir nächtigen. Abendessen, das Tageslicht wird weniger, es wird saukalt. Notbremse. Wir holpern in der Dämmerung noch ein paar hundert Höhenmeter runter. Wärmer, windstill. Gute Nacht in den wolkigen Anden.

     
Wo gestern noch high life war – herrscht heute Grabesstille. Wir haben General San Martin für uns allein. Weiter geht’s durch das Valle de Uco, einem aufstrebenden Weinanbaugebiet. Im Hintergrund erblicken wir erstmals den Aconcagua. Bald verzieht sich der höchste Berg Amerikas/der westliche Welt/der südlichen Hemispäre hinter ein Wattewolkenmeer.
Statt einer Weinverkostung z.B. bei Salenstein (wirklich guter Merlot!) bleiben wir bei den vorgeschriebenen 0,0 Promille und rollen Mendoza entgegen. Eigentlich wollen wir uns in der Weinmetropole nicht lange aufhalten. Den guten Tropfen gibt es doch bei uns daheim zur Genüge und auch sehr gut. Und Mendoza selbst – obwohl eine der ältesten Städte in Lateinamerika – hat wenig Sehenswertes: Erdbeben haben die Vergangenheit unsichtbar gemacht.
Uns gefallen die Lokale in der Fußgängerzone und trotz der 35 Grad spazieren wir mit Freude über die 5 zentralen Plätze. Okay, Gaby hechelt ein wenig... 

 
Ich suche nach einer neuen Fototasche, denn meine Lowepro Flipside 400 gibt den Geist auf: alle Reißverschlüsse quittieren den Dienst. Tatsächlich gibt es diesen Fachmann aus (in Europa) längst vergangenen Zeiten. Und um rund 10 Euro wechselt er die Reißverschlüsse. Allerdings dauert es bis morgen... 




Jetzt, gegen Abend noch aus der Stadt fahren und irgendwo ein Plätzchen finden? Blödsinn! Booking.com fragen und in der Stadt nächtigen. Bei noch immer 30 Grad ist ein Zimmer mit Klimaanlage eine gute Option. Das Casino-Hotel erweist sich als passender Kompromiss. Ob wir da noch was gewinnen werden?

„Herr Polizist, bitte wo ist das Casino-Hotel?“ Kurzer, ratloser Blick auf die Demo am anderen Straßenrand. Dann: „Das muss da drüben sein!“ „Da sind wir doch gerade vorbei gegangen!“
Wir schauen nochmals hin und tatsächlich: Da gibt’s ein Casino! Es handelt sich jedoch nicht um die erwartete Spielhölle, sondern um das Offizierscasino des VIII. Gebirgsjäger-Bataillons. Wir checken ein.  Geht es den Militär shier so schlecht, dass sie ihre Unterkünfte vermieten müssen?


Vielleicht ein neuer Ansatz, um Geld für das österreichische Bundesheer aufzutreiben?


Hier noch eine Karte von den 6 Andenquerungen des quirligen Generals. 
Wir waren insgesamt  an den Routen 1, 4 und 5.


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