Samstag, 23. April 2016

Was für eine Nacht!

Nein, nein, nicht bei uns. Es gab zwar eine Party – aber die war von unserer Tochter: 20-ster Geburtstag!!
Doch, auch bei uns: Es hat die ganze Zeit „geshakt“! Im Stundentakt wurde unser Stahlbetonhotel von Erdstößen bewegt. Wir haben daran gedacht, ins unseren Schlafwagen zu übersiedeln. Aber 33 Grad und Nieselregen sind auch nicht die besten Rahmenbedingungen... Da sind wir erst sehr spät eingeschlafen.
Dafür umso früher aufgestanden, unserem Schlafwagen zum Abschied gewunken und ein Taxi herbeigewunken. Auf zum Flughafen, nationaler Terminal!
Glaubt man.
Wir stehen am Terminal, aber kein Schalter einer Fluglinie. Dafür umso mehr Busstationen. Ach so, wir sind auf den Terminal Terrestre gebracht worden. Klarer Fall von nicht gewohnt, andere fahren zu lassen. 
Rein ins nächste Taxi, den halben Weg zurück und dann sind wir schließlich am Flughafen. Nix passiert, nur vier Dollar verbraten.... 
Noch ein ungewohntes Erlebnis: Wir werden erwartet, man hat schon eingecheckt für uns – ein Hauch von Luxus umgibt uns...
Und jetzt sitzen wir am Flughafen mit gratis WiFi und warten, wie unsere 10 Mitreisenden sein werden und wie uns die Tierwelt auf den Galapagos Inseln empfangen wird.

Freitag, 22. April 2016

Nix wie runter! Die Fahrt nach Guayaquil

  
So also sieht ein Hotelfenster mit „idyllischem Gartenblick“ aus. Immerhin lächelt uns San Pedro ins Zimmer. Ein Erdstoß lässt den Heilige etwas wanken und unsere Unterkunft ebenso...
Wir starten bei Sonnenschein aus Alausi und genießen die grüne Kulturlandschaft, die uns schon bald umgibt. Freundlicherweise zeigen sich heute die tiefgrünen Felder mit den geometrischen Mustern, garniert mit neckischen Wölkchen. Tief unter uns die Bahntrasse, die zur Teufelsnase führt. Wir finden, von der Straße hat man den besseren Ausblick.
So gemütlich wie die ersten Kilometer geht es nicht weiter. Die Berghänge werden noch steiler und obwohl hier alles dicht bewachsen ist – die starken Niederschläge dieses El Niño-Jahres haben die Böden durchweicht. Man hat uns gewarnt: „ Ja, die Strecke ist passierbar, aber an einigen Stellen gibt es Probleme!“
Die Wassermassen haben Erdmassen bewegt, rote Erde über die Fahrbahn verteilt, den Asphalt unterspült, Brücken weggeräumt, Felsstürze verursacht, Bäume abgleiten lassen... 
Die Wassermassen stürzen sich aber auch spektakulär den steilen Andenwestrand hinab, einige Wasserfälle zeigen, wie es am schnellsten runter geht. 
Wir durchqueren verschiedene Klimazonen – dazwischen scheint immer wieder die „Nebelwaldzone“ zu liegen.
In einer solchen feiern wir einen runden „Geburtstag“: unser Schlafwagen wird 300.000km alt!
Draußen wird es immer heißer und feuchter, das tropische Tiefland klopft an die Fensterscheiben.
Schließlich sind wir unten, endlose Bananenplantagen, etwa der Marke „Dole“ säumen den Weg.
In Ecuadors größter Stadt, Guayaquil schaffen wir eine Punktlandung: Gaby hat auf dem Internet-Portal „i-Overlander“ (fängt langsam auch mit Tipps für Europa an: http://ioverlander.com/) ein Hotel mit Parkplatz lokalisiert, bei dem wir den Schlafwagen für 3 $ pro Tag für die nächsten 2 Wochen sicher verwahrt wissen. Über booking.com ein Zimmer reserviert, den Parkplatz angefragt, ein „ok“ zurückbekommen und jetzt sind wir da! 
Wir haben beide Herzklopfen. Das Naturparadies Galapagos wartet auf uns!
Herzklopfen haben wir auch aus anderem Grunde: Im Stundentakt schüttelt es das Hotel durch. Ein paar Einheimische stehen im Gang und diskutieren, ob die Risse an der Wand neu seien. Was soll´s, wir räumen unsere Siebensachen um und packen für das Naturerlebnis. Schlafen können wir dann aber nicht – zu groß die Aufregung vor der großen Reise oder das blöde Gefühl wegen der Erdstöße?

Da wir uns auf einem Schiff befinden werden, wird die nächsten Tage Funkstille am Blog herrschen. Ich hoffe aber, nach dem Ausflug hier ein paar nette Tierbilder präsentieren zu können...

PS: Auf der Suche nach einer sicheren Bleibe für unser Auto haben wir vor etwa 10 Tagen auch die Honorarkonsulate von Österreich und der Schweiz in Guayaquil per Mail kontaktiert. Österreich hat sofort geantwortet, von der Schweiz gibt es bis jetzt keine Reaktion...

Berg- und Marktfahrt, aber keine Talfahrt...

In rund 3000m Seehöhe haben wir zwar ausreichend Sauerstoff für einen guten Schlaf. Da aber ab 6 Uhr morgens die schweren LKW etwa 3 Meter vom Ohr entfernt bergwärts schnaufen, hat sich das Thema Nachtruhe bald erübrigt.
Die Wirtin im einfachen Hostal zaubert ein wunderbares Frühstück auf den Tisch, wir sind bereit für neue Höhenflüge!
Ein Blick durchs Fenster gibt uns einen Dämpfer: Der Himmel hat rasch zugezogen – zur Abwechslung hängen schwarze Regenwolken über uns...
Die Wirtin meint: „Fahrt rauf, der Chimborazo wird zu sehen sein!“ Na gut, man ist ja nur einmal hier...
Durch den Nieselregen bergwärts, an unserem gestrigen Wendepunkt vorbei – und es wird heller, die Wolken reißen auf – der Berg! Ganz kurz zeigt sich der Vulkankegel, ein Appetithappen, sozusagen.
   
Die Wellblechpiste windet sich nun rasch am Berg hinauf, Gaby bemerkt es leider an den Kopfschmerzen, die sich nun stärker einstellen. Auf 4800m ist Schluss. Gaby bleibt beim Refugio, ich nehme die Windjacke und ausreichend Wasser mit und beginne den Weg zur nächsten Schutzhütte.
   
Gerade als ich dort - in rund 5100m - ankomme, öffnet sich der Wattebausch – und der Gipfel mit den umgebenden Gletschern funkelt im Morgenlicht. Ein einheimischer Führer würde mich nun noch 500m höher bringen, bis an den Rand der Gletscher. 
   
Nur zu gerne würde ich das Angebot annehmen, aber ich möchte Gaby nicht zu lange allein lassen, lasse den Gipfel zurück und freue mich, dass meine Reisegefährtin einigermaßen munter vorm Schlafwagen sitzt und liest.
Schade zwar – aber gut auch: wir beschließen einen raschen Abstieg und das „South America Handbook“ gibt uns das Ziel vor: in Guamote ist Markttag!
Dieser unscheinbare Ort ist jeden Donnerstag Anziehungspunkt für die dörfliche Umgebung, farbenfrohe Kleidung und interessante Typen sind garantiert. 
   
 Offen bleibt für uns die Frage nach dem Eisenbahnfahrplan: verkehren donnerstags keine Züge, daher kann der Gleiskörper als Marktplatzteil herhalten – oder ist eben Markttag – und da kann einfach kein Zug fahren?
   Apropos Eisenbahn: in Alausi beginnt die spektakuläre Zugfahrt über die Teufelsnase, den Steilabfall der Anden abwärts Richtung Küste. Im vorigen Jahrtausend war dies eine sensationelle Strecke: am Dach fahrend, für die Einheimischen das preiswerte Verkehrsmittel, eine Erfahrung mitten aus dem ecuadorianischen Alltag. Ich erinnere mich an Erzählungen im Traveller Club Austria...
Heute? Die vielleicht teuersten Bahnkilometer der Welt: 30 $ für 12 Km, bewältigt in einer knappen Stunde. Passagiere sind ausschließlich Touristen, am Dach geht gar nichts mehr... Wir sind uns einig wie (fast) immer: dieses Geld haben wir schon besser angelegt – es warten die Galapagos Inseln auf uns, das hat eine Lawine gekostet...
Wer mehr über diese Zugfahrt lesen möchte, bitte sehr:
http://www.nzz.ch/lebensart/reise/spitzkehren-an-der-teufelsnase-1.18102491

Der Dollar

 
"Un Dollar" - das ist der Maßstab aller Dinge im Lande. Wobei ein Dollar unglaublich unterschiedlichen Wert haben kann: Ein Dollar ist der Tarif für den Parkplatz, 1 $ kosten zwei Ananas-Empanadas am Markt und  1 Dollar kostet eine halbe Stunde Arbeit, um das Kabel unseres GPS zu reparieren. (Dieses war beim Raub in Quito abgerissen worden, aber jetzt können wir es wieder laden...)
Wir fragen uns, wie Menschen sich die Dinge vom Lebensnotwendigen bis zum Handy oder Auto leisten können, wenn Arbeitszeit so billig ist ...

von ganz unten nach ganz oben: Tena – Chimborazo

In den Nachrichten des Landes beherrscht das fürchterliche Erdbeben an der Nordwestküste des Landes alle Kanäle. Die Bilder der Zerstörung gehen unter die Haut.
Wir sollten ja eigentlich noch einige Zeit im Dschungel bleiben, da dürfte es erdbebenmäßig wesentlich sicherer sein. Allerdings haben wir am Freitag, in 4 Tagen, einen Termin in Guayaquil: Abflug auf die Galapagos-Inseln. Angesichts der Not im Lande erscheint uns dieser teure Ausflug zwar frivol – aber eine Stornierung wäre nicht mehr möglich...
So erleben wir noch einen sonnigen Tag – mit einer gewissen Ähnlichkeit zu einem türkischen Dampfbad – im Tiefland. Während ich Regenbogen jagen gehe, legt Gaby einen Hängemattentesttag ein. 
Eigentlich sieht es hier so aus wie man es sich im wilden Amazonasgebiet nicht vorstellt: „zivilisiert“ wie bei uns...
Während Erich gerade Brot für die ganze Schülergruppe zu backen beginnt, verabschieden wir uns Richtung Berge.
Das angepeilte Ziel, der Kurort Baños erweist sich als der angekündigte Touristenmagnet, besonders für die Tramperszene, allerdings dürfte die Blütezeit der Stadt schon in den 70-er Jahren gewesen sein. Für Liebhaber morbider Stahlbetonhäuser und eines antiquierten Thermalbades ein Muss... Und zahlreiche Pilger zieht es hierher, denn nicht nur dem Wasser sondern auch der „Jungfrau des Wassers“ werden besondere Kräfte zugesprochen. 
Nach einem Vollzeitregentag dürfen wir dann wirklich die Umgebung kennenlernen. Die steilen Hänge rund um den Ort sind bis weit über 3000m landwirtschaftlich genutzt. Der seit einem Jahr wieder aktive Vulkan Tungurahua leistet unserer Einladung nicht Folge und bleibt in Wolken gehüllt. Da nutzt es auch nicht, wenn man sich ihm entgegen schwingt – es folgt dann nur der nächste Regenguss.
   
Wir decken uns vor der Abfahrt noch mit den typischen lokalen Süßigkeiten ein, gehärteter Zuckerrohrmelasse - bei uns heißt sowas "Plombenreißer"! 
Unser nächstes Ziel ist uns bei der Abfahrt noch nicht klar, sicher ist nur, dass wir am Freitag an der Küste sein wollen. Als wir uns Riobamba nähern, wird es schnell klar: Auf dem sonnigen Hochplateau ragt ein Gipfel über alles andere empor: Der Chimborazo zeigt sich heute völlig ungeniert und glasklar! Also nichts wie hin!
Das bedeutet aber auch, innerhalb von 2 Tagen von 500m auf 4000m aufzusteigen. Wir wissen, dass dies keine gute Idee ist. Also kommen wir rasch für die Abendstimmung zum Parkeingang, blicken auf den zerklüfteten El Altar und den höchsten Berg des Landes, den Chimborazo.
Ein paar Vollmondeindrücke später verabschieden wir uns in ein 1000m tiefer gelegenens Hostal.