Das Ufer des Salzsees ist gefroren. Die
ersten Sonnenstrahlen blinzeln über die Vulkanreihe. Die Maschine
schnurrt. Kaum Wind, wunderbar! Dick vermummt in Daunenjacken (ja,
ja, Gaby denkt an alles beim Einpacken!) frühstücken wir, dann ist
der Motor warm, es kann losgehen.
Eigentlich kann man sich nicht
verfahren, es gibt zwar unzählige Spuren und Varianten, aber sie
führen alle dem gleichen Ziel entgegen. Zunächst ist dies für uns
der markante Steinbaum, ein skurril geformter, erodierter Fels in
einem Stück Sandwüste.
Unterwegs treffen wir auf
entgegenkommende Landcruiser voller Touristen, wir sind offenbar auf
der „Hauptstraße“ zurück. Das Wellblech ist bei einigen
Anstiegen grauenhaft. Unregelmäßig, tief und voll mit Felsbrocken –
ich kann nicht die Geschwindigkeit fahren, mit der man über die
Schotterrippen“fliegt“ . Wir sind uns einig: unangenehmere
Pistenverhältnisse haben wir weder in Afrika noch in Australien
erlebt. Unser Schlafwagen wird richtig gefordert, malträtiert, immer
wieder hört man das Ächzen des Chassis...
Wir sind nicht die einzigen beim
„Arbol de Piedra“, aber um diese Tageszeit sind wir offenbar die
einzigen, die südwärts - Richtung Chile - unterwegs sind. Immerhin
können wir uns von den einheimischen Fahrern Tipps holen, welche
Streckenvariante landschaftlich schöner ist oder weniger schlecht zu
befahren.
In einer beeindruckenden, spannend zu fahrenden Quebrada (Canyon), gerade mal breit genug für ein Fahrzeug, springt ein Tier über die Felsen. Wenig schüchtern, nähert sich die rund 40cm große Hasenmaus unserem Auto bis auf wenige Meter und sieht uns interessiert an. Sehr neugierig, dieser Verwandte des Chinchilla...
Mittags ist die Laguna Colorada
erreicht. Der Wind hat zugelegt, es ist ungemütlich im Freien. Das
rostige Rot des Wassers, verstärkt durch die weiße Salzkruste
rundherum, ist von Flamingos gesprenkelt. Deren Rosa korreliert gar
nicht gut mit der Wasserfarbe, hier haben die Designer versagt.
Schranke. Zahlen. 150 Bolivianos pro
Person. Wir erreichen das Naturschutzgebiet, das sich nun bis zur
chilenischen Grenze erstreckt. Gleichzeitig markiert die Lagune die
Hälfte der Strecke. Es geht voran. Der Park Ranger erklärt uns die
ungefähren Zeitaufwand für einzelne Streckenabschnitte und macht
uns Hoffnung, dass die Piste irgendwann besser wird...
Der Wind ist inzwischen so heftig, dass
man draußen fast nicht mehr aufrecht stehen kann. Richtiger Sturm,
gewürzt mit Staub, Steinchen und Salzkristallen. Das stichelt auf
der Haut... Fotografieren ist schwierig.
Trotzdem erklimme ich (im relativen
Windschatten) einen kleinen Gipfel für den Überblick über die
beeindruckende Lagunenlandschaft. Gaby bleibt im Auto, sie klagt über
Kreuzschmerzen und außerdem hat sie (trotz unserer guten
Anpassungszeit) Schwierigkeiten mit der Höhe weit jenseits der
4000m.
Trotzdem muss sie weiter in die Höhe:
Der Paso Sol de Manana liegt auf rund 5000m. Gleich hinter der
Passhöhe finden wir das höchstgelegene Thermalfeld der Erde. Der
Geysir macht sich schlank, angesichts des Sturms bleibt die
Wasserdampfsäule in Bodennähe. Aber blubbernde Schlammpfützen,
dampfende Wasserlöcher und gelbgraue, nach Schwefel riechende
Morastfelder vermitteln ausreichend, dass hier enger Kontakt zum
heißen Erdinneren besteht...
Angesichts des Sturms lassen wir den
Plan, hier in knapp 5000m zu nächtigen, fallen und fahren noch rund
25km zu heißen Thermalquellen – wo es eine Unterkunft gibt. Oder
gäbe, denn leider waren andere schneller. Nach einigem Plaudern wird
uns schließlich ein Quartier im Neubau angeboten: blanke Ziegel
rundherum und ein Blechdach drüber – was soll´s, das paßt schon,
es stehen ja sogar zwei Betten im Raum. Wir holen unsere Schlafsäcke
und freuen uns auf windgeschützen Schlaf.
Ich steh bei Sonnenaufgang auf,
verzichte auf ein heißes Thermalbad (bei minus 5 Grad rauszukommen,
das ist die Überwindung!)´und fahre zum Geysir zurück. Da die
Piste seit der Passhöhe präpariert ist, sind die 25km fast ein
Kinderspiel. Angesichts der Höhe qualmt der Motor in schwarz-weiß
und hat nicht mehr die volle Leistung, aber alles funktioniert
problemlos.
Überraschung: Ich bin nicht der Erste
dort oben, da sind schon ein paar Landcruiser mit Touristen zwischen
den dampfenden Säulen unterwegs. Kaum Wind, sehr kalt und
Morgensonne ergeben eine gute Basis für den optimalen Genuss diese
phantastischen Naturschauspiels. Das wissen die einheimischen Guides
natürlich nur zu gut...
Trotzdem: Wow! Ich spüre die Erde
arbeiten – während Gaby noch im Bett Kopf- und Kreuzweh bekämpft.
Nach einer intensiven Stunde am „Sol
de Manana“ frühstücken wir und nehemn den letzten Teil der
Strecke in Angriff. Diese hat aber ihren Schrecken verloren, denn die
Piste ist in guten Zustand, dafür donnern LKW an uns vorüber:
offenbar wurde da eine Mine eröffnet oder – wie ich vermute –
versucht man, die Energie des Erdinneren im Thermalfeld anzuzapfen...
Abschließender Höhepunkt der
bolivianischen Lagunenroute ist die Laguna Verde, die mit ihrem
sanften Türkis heute eher zurückhaltend ist. Dies liegt wohl auch
am Wind, der das Wasser aufwühlt und auch verhindert, dass sich der
imposante Vulkan im Wasser spiegelt.
Ein paar Kilometer noch, einen Kanister
Diesel habe ich vorsorglich in den Tank geleert, dann sind wir am
Grenzposten. Freundlicher Abschied aus Bolivien, wir kommen sicher
wieder!
Chile. Asphalt. Geschafft. War viel
weniger abenteurlich oder gefährlich als wir geglaubt haben. Und
landschaftlich durften wir wirklich wunderbare Eindrücke sammeln.
Aber jetzt haben wir uns ein wenig
Erholung in der Tiefe und Wärme verdient. San Pedro de Atacama
wartet!
zur Abwechslung ein Guten-Morgen-Selfie. bei Minusgraden am morgendlichen Sol de Manana |
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