… da waren wir doch schon vor ein
paar Wochen, auf der Fazenda San Francisco im Pantanal. Hitze und
Gelsen. Auf Meeresniveau.
Jetzt schwingen wir uns mit vielen
Kehren auf meist guter, teilweise aber nur notdürftig reparierter
Piste die Anden aufwärts. Paso San Francisco. Keine Gelsen, keine
Hitze. Hoch hinauf.
Beeindruckende kahle Landschaften.
Weite Hochebenen, dann wieder enge Schluchten, durch die wir uns
bergwärts zwängen. Ein paar Riesengipfel, schneebedeckt, wachen
über uns.
Knapp unter 4000m, auf der Hochebene am
Rande einer weiten Salzfläche, erledigen wir die chilenischen
Grenzformalitäten. Container- und Wellblechbarracken, winddurchzogen
und saukalt. Das muss eine Zollbeamtenstrafkolonie sein. Sie sind
trotzdem freundlich.
Wir biegen auf den Salzsee ab, eine
Wellblechpiste führt uns zur Laguna Santa Rosa. Dort gibt es ein
Refugio, angesichts des Sturms und der tiefen Temperaturen denken
wir, das könnte ein kuscheliges Nachtquartier sein. Von einem Hügel
ein atemberaubender Überblick über den blauweißen See mit rosa
Flamingo-Tupfern. Von den 6000-ern in unserem Rücken erwarte ich mir
ein Sonnenuntergangsspektakel.
Gaby ist sehr mit sich selbst beschäftigt. Seit ein paar Tagen plagen sie arge Kreuzschmerzen, der Husten ist in den Gebirgswochen zum Dauerbegleiter geworden, die Kombination ist höchst unangenehm. Dazu kommen bei ihr auf dieser Höhe trotz langer Akklimatisation Kopfweh. Und die Luft ist für uns beide dünn hier oben. Trotzdem stimmt sie einer Nacht hier oben zu, tapfer!
Am frühen Nachmittag zeigt sich das
südliche Altiplano aber auch von seiner freundlichen Seite –
beinahe mild - und die Andenvereins-Holzhütte ist zwar außer ein
paar Matratzen leer, wirkt aber wunderbar windabweisend. Mit
Power-Tape bringe ich die pfeifenden Fenster zum Schweigen.
Vorbei ist es mit der bergromantischen
Einsamkeit – zwei Franzosen mit einem Mietwagen (VW Golf, Allrad
ist eindeutig überbewertet!) haben sich auf der südlichen,
angeblich schlechteren Piste, heraufgewagt. Sie berichten, dass sie
überhaupt keine Schwierigkeiten auf einer perfekt gepflegten Strecke
hatten. Diesmal war unser Einheimischen-Tipp wohl etwas veraltet...
Wir tragen unsere Schlafsäcke, Decken
und Iso-Matten in den einen Raum und okkupieren diesen. Schließlich
habe ich ja hier die Fenster geflickt. Die Sonne verkriecht sich
hartnäckig hinter Wolken, wir brechen trotzdem zum Strandspaziergang
auf. Enten, Bergmöwen (?) und natürlich Flamingos fühlen sich im
Salzwasser nahe des Gefrierpunkts offenbar wohl. Alles nur des
Futters wegen – weil in der Karibik müsste es doch viel angenehmer
sein, permanent bis zum Bauch im Wasser zu stehen...
Der Tag neigt sich dem Ende zu und die
Sonne hat Erbarmen: Vor uns strahlen die schneebedeckten Gipfel
orangerot um die Wette, einige wundersam geformte Wolken bilden den
passenden Rahmen. Schön langsam färbt sich die Laguna Santa Rosa
tiefblau, die Berge spiegeln sich darin, Pastellfarben dominieren
diesen Anblick für die ewige Erinnerung...
Scheißnacht, viel kälter als im
Schlafwagen ist es hier in der Hütte. Außerdem sind noch drei
Chilenen in der Dunkelheit zu uns gestoßen, die nun im Vorraum
liegen. Ihr Versuch, den Ojos de Salado – mit rund 6800m der
höchste Vulkan der Erde – zu besteigen, ist soeben gescheitert.
Die Route ist durch das viele Schmelzwasser weggeschwemmt worden.
„Na“, denke ich mir, „ dann hab ich einen guten Grund, Geris
Tipp nicht zu befolgen!“
Geri Winkler, einer der erfolgreichsten
österreichischen Bergsteiger, hat nämlich vor ein paar Monaten
salopp fallengelassen: „So einfach kommst du sonst nirgends so hoch
hinaus...“
Nach einem durchfrorenen Frühstück
geht es mit einer sichtlich angeschlagenen Frau am Beifahrersitz
weiter bergauf. Noch rund 700 Höhenmeter und eine saftige
Überraschung. Knapp vor der Passhöhe rückt plötzlich die Laguna
Verde ins Blickfeld. Ein opulentes Schauspiel von Farben und Formen,
vegetationslos. Rote Felsen mit schwarzer Vulkanasche bedeckt rahmen
die türkisfarbene Salzlacke ein. Dahinter, wie mit Samt überzogen,
Bergkegel in schwarz, grün, rot, grau. Gaby findet es auch toll,
bekommt aber wenig davon mit. Selbst hier oben, auf über 4500m gibt
es noch ein Refugio – mit einer warmen Thermalquelle daneben. Das
Gesicht beim rauskommen möge man sich nicht vorstellen! Hierbleiben?
Nein, wir müssen in tieferes Gelände!
Asphalt. Die Passhöhe ist erreicht.
Argentinien liegt uns zu Füßen ...
Rechts von uns erhebt sich der Vulcan San Francisco. 6016m verkündet
das Schild, mit Hinweistafel auf den „Wanderweg“ hinauf. Nur zu
gerne hätte ich es probiert, es ist wohl der billigste 6000-er des
Planeten. Die Vernunft sagt aber, mit Höhenkrankheit ist nicht zu
spaßen. Also rasch runter, die Thermen erwarten uns!
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