Donnerstag, 12. November 2015

...und so geht es anderen Reisenden in Südamerika

Da haben wir doch zufällig den Pascal vom Schiff getroffen. Und wie es der Zufall so will - am gleichen Tag erhalten wir einen ausführlichen Reisebericht von Lothar und Silvia, unseren Berliner Mitreisenden auf der Grande Brasile. Sie sind seit zehn Jahren mit ihrem Mercedes-LKW in Südamerika unterwegs.
Und weil wir finden, dass ihr Reisebericht ebenso interessant wie amüsant ist, dürfen wir ihn hier veröffentlichen. Viel Spaß beim lesen!
(Anmerkung: Rosmarie war die Schweizer Mitreisende, die mit einer organiserten WoMo-Tour die gesamte Panamericana in Angriff nehmen möchte.) 
--------------------------------------------------

Servus an den Wiener und die Zugereiste gn´ä Frau...
Das Motto unser diesjährigen Reise lautet kurz und bündig: Wir reparieren uns nach Norden...... Geh mer bloss weg!!


 

ihre bisherige Reiseroute
Das fing schon in Piriapolis an. Zwei sehr schöne sonnige Wochen waren es, zwar a bisserl kalt aber passt scho. Kummt a deutsches Autopärchen angegurkt, Frischlinge in Südamerika, frogt mi der Strizzi, ob I auch an Schlauch hob zum Auffüllen vom Wassertank ? Geh mir weg mit dem Scheiss, sog I: I moch des immer afrikaaanisch.. "
Und um es ihm zu demonstrieren, öffne ich die hintere Stauklappe von unserem Wohnkoffer und hol meine 10-Liter Giesskanne heraus , um sie auf dem Kopf zu balancieren.
"Ja wos is jetzt des ? Hier is ja ois nass innen drin! " Hat doch eine von unseren 2 Wasserpumpen beschlossen, undicht zu werden. Nun gut, wir haben ja Ersatz dabei und das Teil ist schnell getauscht. Kurz danach stell ich fest: Auch einer der beiden Wasser-Ausgleichsbehälter ist undicht und aus dem Anschlussstück vom Wassereinfüllstutzen leckt es ebenfalls. Ja Klasse und vor allem wieso auf einmal jetzt alles zusammen ?

..
Nachdem Rosemarie uns dann einen Besuch in Pririapolis abgestattet hatte, wurde das Wetter nach 2 Wochen Sonne prompt schlechter: konkret nasskalt.  Wir gucken Wetterkarte und die sagt: Südbrasilien schön! Also nix wie los Richtung Blumenau zum Kuhlmann in die Werkstatt, wo wir eh einige Sachen machen lassen wollten. Des war ein schwerer Fehler! Es schüttet mehrere Tage aus vollen Rohren. Ungefähr 300 Kilometer vor Blumenau seh ich plötzlich eine geschlossene Tankstelle (es ist Sonntag), also wir nix wie unter das Tankstellendach, um wenigstens im Trockenen eine Pause machen zu können. Ich inspiziere die hintere seitliche  Ladeklappe am Wohnkoffer und krieg die Krise. Alles nass! Wir stehen quasi unter Wasser, das auch schon schön angefangen hat sich unter der einen Sitzbank im Koffer zu verbreiten. Es bleibt nur eins: Wir müssen alles ausräumen und trockenlegen. Ich will deshalb etwas mehr unter das Dach fahren, setz mich ins Fahrzeug, drück
den Starterknopf: Nix! Nada! Niente! Irgendein Kontaktproblem! Also Führerhaus kippen und versuchen den Anlasser kurzzuschliessen...das klappt. Anschliessend sind wir 2 Stunden beschäftigt, den Koffer wieder trockenzulegen und rätseln, wo das verdammte Wasser herkommt: Haben wir ein undichtes Dach ? Ist der eine Wassertank defekt ? Sind die Anschlüsse undicht. Und überhaupt: Was ist jetzt mit dem Anlasser ? Ich hab die Nase voll und will wieder zu Master Krisjanis auf die Grande Brasil. Ich will heim zu Mama! Als wir nach Stunden am späten Nachmittag endlich wieder loskommen - im Regen natürlich, schaffen wir mal gerade 50 Kilometer: Auf einmal mach es Plopp und das Gestänge vom Scheibenwischer auf der Fahrerseite bricht innen ab. Es wird immer doller. Es ist inzwischen dunkel, es regnet nach wie vor stark und es sind noch 200 Kilometer bis Blumenau. Jetzt heisst es Zähne zusammenbeissen, Augen zu und durch....Vom angestrengten Gucken durch
die Regenschlieren auf der Scheibe krieg ich Glubschaugen.

Eine Woche verbringen wir anschliessend beim Kuhlmann, ich turn die ganze Zeit auf dem Dach rum und mach alle Dichtungen neu, hab aber echte Zweifel, ob das Wasserproblem vom Dach kommt. Es ist so schlecht nicht in der Werkstatt zum Übernachten, denn Kuhlmann hat eine offene Halle, es gibt Internet und nachts stehen uns die Mechaniker-Duschen allein zur Verfügung.
Nach Inspizieren der Wetterkarte steht danach fest: Nix wie weg hier, das Wetter bleibt extrem unbeständig, dafür soll nördlich von Rio für die nächsten Wochen ausschliesslich die Sonne scheinen. Also mal wieder nach Bahia und seinen Stränden. Sicherheitshalber legen wir unseren verdächtigen Trinkwassertank still, um beim nächsten grossen Regen unser Wasserproblem nach dem Ausschlussprinzip einzugrenzen. Auf der Höhe von Santos biegen wir Richtung südliches Minas Gerais ab, wir wollen Rio in großem Bogen umfahren. 



Wir fahren durch die sehr schöne Gebirgslandschaft des südlichen Minas Gerais, immer hoch und runter, als es in einer Kurve auf einmal ein verdächtigen Geräusch gibt und 100 Meter weiter nix mehr geht: Schaltgetriebe-Schaden!! Ein Genuss! Genau dieses Getriebe hatten wir nun gerade in La Plata beim Eduardo überholen lassen - südamerikanisch scheinbar, denn es hat nur 3000 Kilometer gehalten. Wir haben Glück im Unglück, denn im Schleichtempo schaffen wir es noch 20 Kilometer bis auf die mautpflichtige Antobahn Belo Horizonte- Rio, ehe kurz hinter einer Tankstelle bei der Großstadt Juis da Fora nix mehr geht. Glück haben trotzdem aus zweierlei Gründen: Als ich die Wanderstiefel angezogen habe und los marschiere, um einen Abschleppdienst ztu organisieren, denk ich noch: Mann, dieser Abschleppservice wird bestimmt nicht billig werden! Doch denkste! Auf mautpflichtigen Highways in Brasilien ist der jeweilige private Mautbetreiber verpflichtet,
Pannendienste kostenlos anzubieten! Dusel gehabt, dass wir es noch gerade so bis auf die Mautstrasse geschafft haben....Zweites Glück: Der Betreiber des Restaurants an der Tankstelle, auf die wir geschleppt werden, spricht perfekt deutsch: Er ist Portugiese mit deutschem Pass, weil er 1960 als Profifußballer von Portugal zum 1.FC Nürnberg gewechselt ist, mit denen er dann 2mal Deutscher Meister wurde. Mit der Hilfe von Luis und mit Hilfe von "Paraiba" (so genannt, weil er vor vielen Jahren aus dem armen Bundesstaat Paraiba nach Juiz da Fora kam), einem sehr guten Mechaniker, der als ein-Mann-Unternehmen an der Tankstelle seine Dienste anbietet (seine Werkstatt ist der Kofferraum seines PKW, wo das ganze Werkzeug verstaut ist), habe wir innerhalb von nur einem Tag ein neues Getriebe, denn alle defekten Teile sind vor Ort verfügbar!!

Und weiter geht es Richtung Bahia. Brasilien ist aktuell aufgrund der Wirtschaftskrise und der Wechselkurse ja ein Schlaraffenland für Euro-Reisende: Diesel für unter 60 Euro-Cent, Lebensmittelpreise wie bei Lidl und Aldi. Völlig klar somit, dass wir uns am Strand von Canavieiras für nur 20 Euro incl. Frühstück vom Auto verabschieden und ins Zimmer einer Pousada übersiedeln. Hier sind wir nun seit 14 Tagen und die Probleme mit dem Auto haben sich nun verlagert auf Probleme mit der Gesundheit....Viel kann man im kleinen Städtchen Canavieiras abends ja nun nicht tun, aber es gibt eine Sorvetteria und bei Eispreisen von 4 Euro fürs Kilo (Selbstbedienung) ist die tägliche Abendbeschäftigung sonnenklar: Eisschlemmen bis zum Abwinken..!! Dabei haben wir natürlich den 1. Leitsatz völlig ignoriert, der da lautet, man solle sein Glück nicht überstrapazieren! Denn die 6. oder 7. tägliche Eistranche war dann irgendwann wohl nicht mehr so ganz
keimfrei und so fing das Drama mit den Darmproblemen an. Daraufhin dachte sich mein Immunsystem schließlich: "Scheiss drauf, ich mog auch nimmer mehr" und bescherte mir einen herrlichen grippalen Infekt mit Hals- und Muskelschmerzen, Fieber und was sonst so dazu gehört. Und während Silvia ihre täglichen stundenlangen Strandspaziergänge am 17 Kilometer langen Wahnsinnsstrand von Atalaia absolviert, hüte ich derzeit das Bett und warte auf Besserung.....


Nein! Eine wirklich perfekte Reise sieht irgendwie anders aus, oder ?
Aber ich will jetzt mal nicht so dick auftragen, kenn ja seit Grimaldi euch Wiener Volk und wia ihr tickt: "Heast, ihr habts ein Mitgefühl wie die Fleischhackerhund. Bei euch ist einer erst krank, wenn er auf'bahrt ist. "
Deshalb sog I: "Ois hoib so wüd."

Habe die Ehre!

Lothar (Silvia is grad net da)

P.S.

Was war das jetzt mit dem Wasserproblem im Auto....?
Keine Ahnung. Es hat seit 3 Wochen nicht mehr geregnet.....

 
Ihre Reiseschilderung bezieht sich auf diese Route:
 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen