Dienstag, 19. April 2016

Vulkanallee - von Cuenca nach Quito

Es soll gefährlich sein in Ecuador. Also, wir bemerken hier nichts davon. Leute freundlich, alles viel aufgeräumter als beim südlichen Nachbarn und der Verkehr – da könnte sich die goldene Wiener Seele noch was abschauen in Sachen Ruhe und Rücksicht...
Wir waren gespannt auf die südliche Andenmetropole des Landes, schließlich hat uns jeder versichert, wie schön der koloniale Kern der Stadt sei.
   
In unserer kleinen Unterkunft mit Familienanschluss versichert man, dass es völlig ungefährlich sei, auch abends durch die Altstadt zu ziehen, also brechen wir zu einem Spätnachmittagsspaziergang auf. Tatsächlich, recht schöne Häuserzeieln hier in Cuenca – denen aber die Jahrhunderte und die Luftfeuchtigkeit durchaus anzusehen sind. Die Patina auf und an den Kopfsteinpflastergassen wird durch zahllose „Ferias“, kleine Märkte mit Kunsthandwerk und Fingerfood, Kleidung und Panamahüten übertüncht: Morgen ist Feiertag hier, es gilt, sich des Gründungstages der Stadt zu erinnern!
   
Apropos „Panamahut“: Wenn ein Wiener Parlamentarier bei der Debatte um die „Panama-Papers“ einen geflochtenen Hut ins Hohe Haus bringt – so ist er auf der falschen Fährte: Diese schicken Hüte werden in Ecuador produziert, vor allem in der Region um Cuenca! Frei nach Kreisky: „Lernen´s Geschichte, Herr Abgeordneter!“
Das Wetter meint es gut mit uns, Sonnenstrahlen lugen zwischen den Wolken durch, Regen fällt erst nachts, wir sind aber schon knapp nach der Dämmerung, vorbei an einigen Musikgruppen (von Jazz bis Quechua-Folklore), müde und mit netten ersten Ecuador-Eindrücken heim gehatscht. Gefährlich fühlt es sich hier nicht an...
Gefährlich ist der Morgennebel, der uns begleitet auf der Strecke nach Riobamba, wo wir dann „zeitgerecht“ ohne Regenschutz am Hauptplatz den Mittagsguss auf uns niederprasseln lassen. Dies war das auch schon der Höhepunkt im Ort, eine andere Attraktiona als die Wassermassen konnten wir hier nicht entdecken...
Und der höchste Berg der Welt lässt sich in den dichten Wolken auch nicht blicken – obwohl nur 30km entfernt. Höchster Berg der Welt? Jawoll, der Chimborazo!! Ob er nun 6310 oder nur 6270 m hoch ist, darüber wird gerade diskutiert (weshalb kann das in Zeiten wie diesen nicht wirklich exakt bestimmt werden?) - ist aber eigentlich egal. Höchster Berg... ? Nun, so nahe am Äquator gelegen, ist der Gipfel dieses Vulkans der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernte Punkt der Welt – und somit der höchste Gipfel des Planeten. Alles nur eine Frage der Parameter...
(Sattellitenbild des Chimborazo - links oben und Alexander v. Humbold vor diesem Berg - wikipedia)
Wir fahren durch wild zersiedeltes Gebiet entlang der „Allee der Vulkane“ - so hat der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt - wohl bei deutlich besserem Wetter – die rund 150km lange Strecke mit zahlreichen Vulkankegeln benannt. Er gelangte übrigens auf rund 5500m Höhe am Chimborazo – im Jahre 1802! Eine außergewöhnliche Leistung...
Für uns wandelt sich die „Straße der Vulkane“, die heute ganz banal „Panamericana“ heißt, zur Autobahn – so was haben wir schon lange nicht mehr befahren! Ach, wie ruhig schnurrt unser Schafwagen dahin...
   
Die Idee, die Nacht im Cotopaxi-Nationalpark zu verbringen treibt uns das Wetter aus, wir landen in einem abgetakelten Hotel im hübschen Städtchen Latacunga. Die Familienpizza erweist sich als richtige Größe für uns zwei hungrige Mäuler.
Der Hotelportier lächelt nur milde bei der Frage nach dem Cotopaxi - „ den könnt ihr vielleicht in einem Monat sehen... bis dahin: Wolken und Regen. Und dank El Nino mehr als normal!“ Ein Abenteuerveranstalter klärt uns auf, dass man zwar jetzt wieder in den Nationalpark dürfe, aber die Besteigung des Berges schon seit Monaten untersagt ist. Der Cotopaxi ist seit August 2015 aktiv wie schon lange nicht mehr!
Überraschung am Morgen: rechts vor uns zeichnet sich der fast 5900m hohe Cotopaxi weich in den Wolken ab – sind am Gipfel Wolkenfetzen oder ein Aschenausstoß zu sehen? Kaum fotografiert, ist der Gipfel wieder weg, im Blickfeld bleiben die Häuser und Felder bis an den Hang der hohen Berge. Der Eindruck von Wildnis und Unberührtheit kommt hier nicht in Betracht...
   
Die sechsspurige Mautstraße nach Quito unterstreicht den Eindruck. Bei rund 50km Stadtlänge dauert es, bis wir uns dem Zentrum nähern. Die etwas undurchsichtige Straßenführung bewältigt unser Navi erstaunlich gut.... 
Entgegen den Erwartungen regnet es in Quito nicht. Wir machen uns auf den Weg zur Basilika – mit herrlichem Rundum-Blick und weiter ins historische Zentrum. Nett, ein Versprechen für den morgigen Stadtbummel – und voller Polizei.

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