Auf der einspurigen Carretera Austral
läuft die große Jagd: Schnell nach Hause oder ins gebuchte Hotel –
jedenfalls herrscht nach der Abfahrt von der Fähre in der Dunkelheit und auf staubigem Wellblech Überholbedarf.
Wir spielen nicht lange mit und
verabschieden uns nach links auf einen Parkplatz. Und gute Nacht!
Nebelschwaden ziehen über die Hänge,
Regentropfen fallen vom Himmel oder aus den hohen Bäumen.
Gespenstische Ruhe. Rundherum ist alles grün und nass. Deswegen
heißt es wahrscheinlich Regenwald. Gemäßigter Regenwald. 9 Grad.
Sehr gemäßigter Regenwald.
Motorenlärm. Ein argentinischen
Wohnmobil, Typus Eigenbau in den 70-er-Jahren, tuckert vorbei. Ruhe.
Wir wissen eigentlich nicht ganz genau
wo wir sind, freuen uns aber beim nächsten Schild: Parkplatz zum
„Sendero Bosque los Alerces“. Hier wollen wir hin, zu einem der
letzten größeren Waldflächen dieser bis zu viertausend Jahre alten Zypressenart. Der Himmel reißt langsam auf, wir wandern eine Stunde
durch den nassen Wald auf nassem Pfad und gelangen in den
Märchenwald. Himmelhohe Bäume, nur ganz oben mit moosbewachsenen
Armen, die in alle Richtungen ausladen. Aber auch die mächtigen,
rotholzigen Stämme sind ein eigenes, moos- und pflanzenbewachsenes
Biotop. Wir kommen aus der Augen-rauf-Positon kaum weg.
Und genau hier liegt das Problem, der
Konflikt, die gute Tat: Der US-Milliardär Douglas Tomkins (über ihn
und seinen tödlichen Kajakunfall habe ich vor ein paar Wochen
berichtet) hat hier in einem praktisch unbewohnten Gebiet über
längere Zeit Grund gekauft und ist mit über 300.000ha zum größten
Landbesitzer Chiles geworden.
Der Philanthrop möchte die Natur vor
der Gewalttätigkeit der Menschheit schützen und errichtete hier den
privaten Parque Pumalin und unterstützt umliegende Nationalparks
massiv (tolle Bildbände zeigen übrigens die schönsten Seiten des
Thomkins-Engagements!). Neben dem Naturschutz gehören auch
angepasste Landwirtschaft und Lebensweise zu den Gesamtinhalten des
Pumalin-Projekts.
Mehr darüber findet man unter:
http://www.parquepumalin.cl/en/index.htm
Das offizielle Chile, allen voran das
Militär, beäugte diesen Riesenbesitz und die Aktivitäten der
Stiftung mit Argusaugen – die Landkarte zeigt rasch: das eher
schmalbrüstige Land wird vom Pumalin-Park an zwei Stellen gar
geteilt. Wenn da strategisch gedacht wird – was könnte da dahinter
stecken...?
Man ist sich aber doch näher gekommen
und seit nunmehr 10 Jahren ist Paumalin ein „Parque Pumalin. Sehr
zu unserer Freude, denn nicht nur die Wälder sind einmalig, auch der
Campingplatz El Volcan erweist sich als ebenso schön wie
preisgünstig. Angelegt ist dieser auf einer großen offenen Fläche
im Wald. Woher diese? Holzfäller sind vor über 30 Jahren hier eingefallen
und haben alles Brauchbare (d.h. große, alte Bäume...) an die Küste
gebracht. Straße hat es damals hier noch gar keine gegeben. Aber
dazu später...
Das Wetter bessert sich, die Sonne
lacht zwischen den Nebelschwaden durch und kämpft für uns den Blick
auf den Vulkan Chaiten frei. Heute Nachmittag besuchen wir nur den
2-km-Naturlehrpfad (49 von 50 Pflanzen gefunden, nur die Nummer 8
gibt es nicht...).
Im übrigen genießen wir heute
Landschaft und Ruhe und überraschend schönes Wetter...
PS: Die Tomkins-Stiftung kümmert sich auch um andere Gebiete entlang der Carretera Austral, wen es interessiert kann hier reinschnuppern:
http://www.tompkinsconservation.org/news/2012/11/26/documenting-and-advocating-for-the-carretera-austral-a-window-into-chilean-patagonia/
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