Wetter? Die Faustregel: Ist die
Vorhersage schlecht, so stimmt sie. Wird gutes Wetter angesagt, ist
Skepsis angebracht. Dafür kann auch aus dichten Wolken schnell mal
die Sonne herauskommen und auf Regen folgt – irgendwas anderes.
Wir möchten den Schiffsausflug zu den
in den Lago Argentino kalbenden Gletschern Upsala und Spegazzini
buchen und wünschen uns – no na – gutes Wetter. Wir entscheiden
uns für übermorgen, Bauchgefühl. Unser Wiener Wetterorakel wollen
wir nicht schon wieder strapazieren.
Wir haben einen Tag Zeit, um das
Städtchen El Calafate (benannt nach der wohlschmeckenden
heidelbeerähnlichen Frucht – gibt es auch als Eissorte hier!)
kennenzulernen. Outdoor-Shops, Supermarkt, Hotels, Souvenirläden. Fast ganz unser Geschmack. Andererseits ist es doch recht nett, an der
Seepromenade gibt es ein relaxtes Café mit Hippie-Flair und Internet
und im Hintergrund stapfen rosa Flamingos durch eine kleine Lagune.
Ein wenig Heimatstolz schwingt mit, als
wir am weltweiten Gletscher-Wegweiser die Pasterze finden. El
Calafate bezeichnet sich als „Hauptstadt der Gletscher“ - gibt es
deswegen gleich mehrere Eisgeschäfte hier?
Wir übernachten ohne Lärmstörung
beim Landungssteg unseres Ausflugsbootes. Um 5 vor 8 sind wir
plötzlich umzingelt: Feuerwehrleute, Gendarmarie, erster
Touristenbus. Das Zähne putzen haben wir gerade noch geschafft!
Bei heiter bis wolkig stechen wir in
See, der weit-über-100-Plätze-Ausflugskatamaran ist bis zum letzten
Sitz voll. Ja, ja, die Hochsaison beginnt. (Es liegen aber noch vier
weitere Boote dieses Kalibers am Pier, für Jänner dann...)
Eisberge – tolle Formen, schöne
Farben. Tiefblaue Eisberge gibt es auch, aber nur einzelne Exemplare
in dieser Farbe. Warum wohl? (sind die mal gekentert und vollgesogen
mit Wasser?)
Die Sonne versteckt sich hinter einer
dünnen Schicht aus Wolken, gar nicht schlecht um sich das Eis
blendfrei anzusehen. Andererseits – welche Farben würde das
Sonnenlicht aus dem Gefrorenen herauskitzeln...
Der Kampf um die erste Reihe an der
Reling wird zwischen charmant und erbarmungslos ausgetragen – aber
irgendwann erlahmt das generelle Interesse. Das Boot steht noch immer
vor dem gleichen tiefblauen Eisberg und die Kameras der
Schiffsfotografen klicken im Akkord. Von irgendwoher wird ein Stück
echtes Gletschereis herangebracht. Zuerst ein Foto mit Eis, dann mit
Eis im Whisky.
Dreißig Fahrminuten später. Statt
Upsala- nun Spegazzini-Gletscher. Weniger Eisberge hier, aber die
höchste Gletscherwand (des Sees, des Landes, des Kontinents...?).
Beeindruckend.
Irgendwie will dem Katamaran keine
Drehung nach Steuerbord gelingen, Versuche wären erkennbar.
Selbstverständlich warten wir auf der falschen Seite, um dann in
erster Reihe den Gletscherabbruch zu bewundern. Dafür dringt ein
beißender Geruch aus der Motorraum-Entlüftung in unsere Nase. Wenig
später hören wir aus dem Gespräch der Crew heraus: Brand im
Maschinenraum des Backbord-Motors...
Wir erheischen noch ausreichend schöne
Blicke auf die Eiswand, die Sonne zeigt sich auch, das
Wetter-Roulette haben wir diesmal gewonnen.
Mit einer üppigen Verspätung kommt
der angeschlagene Kahn zum Ausgangspunkt zurück. Stört uns nicht,
wir verpassen keinen Anschlussflug nach Irgendwo...
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