Gestern
gab es so um 3 Uhr herum grosse Aufregung, das Schiffshorn hat
getutet, alle haben sich auf der Bruecke versammelt - wir haben der
Aequator ueberquert.
Da
es auch fuer fuenf Mann von der Crew (lauter Filipinos uebrigens) das
erste Mal war, gab es ein grosses Tamtam: Ein naechtliches Foto,
zuerst alle, dann nur die fuenf und dann ein Schrei: die 5 haben
einen Kuebel kaltes Wasser ueber den Kopf bekommen.
Anschliessend
ging es ueber das inzwischen leere Deck (alle Autos in Conacry
entladen) nach hinten. Finstere Daemonen traten auf, als Teufel,
Gladiator und Spiderman-aehnlich verkleidet, Neptum in Person war da.
Der
1. Offizier verpasste jedem einen Schluck Zaubertrank, ich war der
einzige willige Passagier (Thunfisch mariniert mit Essig und Pfeffer,
glaub ich) dann wurde jedem eine dicke Spur mit dem Haarscherer durch
den Scheitel gezogen (da war ich nicht mehr willig...) und das
Gesicht mit Schlagobers eingerieben: symbolische Rasur.
Neptun
war inzwischen in den Pool gehupft, so richtig badewarm ist es hier
am Äquator aber
nicht um 4 Uhr morgens... Immerhin ist die See ziemlich ruhig und
kaum mehr als der Fahrtwind zu spüren
(aber 30km/h sind eh schon ganz schon heftig).
Einer
nach dem anderen wurde ins Becken getrieben, untergetaucht und nach
seinen inneren oder aeusseren Werten getauft: Qualle, Kugelfisch oder
Victoria's Secret...
Dann
die Frage an die Passagiere und ich war gleich dabei, hinein mit mir
und der bassstimmengewaltige kroatische 2. Offizier mit weissem
Wischmob-Bart und Stanioldreizack tauchte mich unter - getauft auf
"flying fish" stehe
ich nun pitschnass und frierend am
Achterdeck.
Einige
andere folgten mir, der 7-jaehrige Kaptitaenssohn war der letzte in
der Reihe. Dem war das Spektakel gar nicht geheuer - und warum er
diesmal mit Gewand in den Pool sollte, war ihm offensichtlich
unerklaerlich...
Zum
Abschluss des Spektakels gab es in der Kaelte - wir stehen ja voellig
durchnaesst in T-Shirt & Bermudahose da - einen exquisiten
schwedischen Kraeuterlikoer. Sagt der 1. Offizier. Tatsaechlich war
dies das grauslichste Gesoeff, dass jemals durch meine Kehle floss -
der Thunfischtrank eine Wohltat dagegen gewesen. Aber das war wohl
auch Absicht.
Der
Kapitaen ueberreichte uns schliesslich ein Zertifikat, dass wir auf
der "Grande Brasile" friedlich den 0-Meridian ueberquert
haben. Dann gings nach kurzer Dusche zureck ins warme, leicht
schaukelnde und immer vibrierende Bettchen.
Der
darauf folgende Tag verlief weitgehend sonnig, immer wieder sah man
Regenfelder niedergehen, einige haben uns auch gestreift - da wir
aber angeblich in der Regenzeit unterwegs sind und bis 27. August
offiziell (also laut Kapitaen) gar keine Sonne sehen koennen, sind
wir sehr zufrieden.
Die
Crew beginnt mit den ueblichen Sanierungsarbeiten: Roststellen
abschleifen mit hydraulischen Buersten, die millimeterdicke
Eisenborsten haben. Dann Primer auftragen. Der naechste Rost kommt
bestimmt.
Die
Sache ist jedenfalls ziemlich laut, was das Faulenzen am Achterdeck
erheblich erschwert. Der Nachmittag ist dem Baden, Lesen und
Basketball spielen gewidmet. Letzteres ist am doch permanent
schwankenden Schiff besonders spannend...
Abends
laedt der Kapitaen nochmals zum Barbacue (wir hatten schon vergangene
Woche eines, zwei sind eher nicht ueblich, sagen die Grimaldi-Kenner
Sylvia & Lothar). Wir setzen uns mit der Crew zu Tisch, die
Filipinos sind zwar freundlich, aber zu reden gibt es leider nicht
viel, zu gross der Abstand unserer Welten, zu gross die
Sprachbarriere (obwohl einige doch einiges Englisch sprechen).
Heute
frueh hat Pascal, der franzoesische Passagier, neben dem Schiff einen
kleinen Haifisch gesehen, ansonsten gibt es fuer mich ein neues Buch
zu lesen. Ich lege Isabell Allendes "Geisterhaus" zur
Seite, weil Lothar einen Schmoecker ueber die "Lusitania"
(ein 1915 versenktes englisches Passagierschiff) angeschleppt hat.
Mitten am Atlantik ueber den Torpedotreffer zu lesen, intensiviert
die Spannung...
Im
uebrigen haelt sich die Regenzeit weiterhin im Hintergrund, es geht
wunderbar entspannt und entspannend zu, wir werden sicherlich recht
entschleunigt in drei Tagen Suedamerika erreichen.
PS: Sorry fuer die fehlenden Umlaute - die gibt es auf der Schiffstastatur leider nicht...
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